02. Juni 2024
Noch immer auf dem Anslet Strand Camping an der Ostseeküste, nutzen wir das angenehme Wetter für eine Fahrradtour. Gerade hier im Süden Dänemarks sind wir froh, dass wir vor einiger Zeit unsere Bio- Bikes gegen E- Bikes getauscht haben. Denn hier gibt es nicht viel Abwechslung: Wenn du losfährst, siehst du immer dasselbe: Getreidefeld um Getreidefeld, manchmal unterbrochen von einem winzigen Dorf mit einer hübschen Kirche, nur um anschliessend wieder von Getreidefeldern umgeben zu sein. Es ist eine relativ unaufgeregte Sache. Natürlich im positiven Sinne! Wir mögen diese ruhige Atmosphäre gerade sehr! In den Dörfern gefallen uns besonders die Häuser mit Reetdach- an den Seiten tief heruntergezogen sehen sie urgemütlich aus! Nach gut 20 km sind wir wieder bei unserem Womo angekommen. Wir geniessen den Sonntag- Nachmittag draussen auf den Liegestühlen mit einem guten Buch in den Händen.
03. Juni 2024
Neue Etappe:
Vom Anslet Strand Camping fahren wir die 170 bis Kolding. Dort nehmen wir die 161 bis Middelfart, wo wir auf dem Stellplatz Havnegade einchecken.
Koordinaten Stellplatz Havnegade:
55.5052, 9.7374
Die Insel Fyn, oder auf Deutsch Fünen, ist mir früher auf Landkarten nie aufgefallen! Dabei ist sie die drittgrösste Insel Dänemarks! Genau auf dieser Insel befinden wir uns jetzt, nachdem uns die nette Campingbetreiberin vom Anslet Strand Camping einen Besuch wärmstens empfohlen hat. Darum stehen wir nun mit dem Wohnmobil auf einem Stellplatz bei einem Yachthafen in Middelfart mit herrlichem Blick auf das Meer und die Lillebælt- Brücke. In den 70er Jahren gehörte diese Brücke zu den 20 grössten Hängebrücken der Welt. Sie stellt die Verbindung zwischen den Regionen Jütland und Fünen her und gehört damit zu der Hauptverbindung zwischen Deutschland und der dänischen Hauptstadt Kopenhagen. Dadurch zählt sie zu den am meisten befahrenen Brücken in Europa.
Wir laufen los, weil wir uns die Altstadt ansehen wollen. Diese gefällt uns ganz besonders, denn wieder sind die Häuser schön farbig und die Gassen mit Kopfsteinpflaster versehen. Vor vielen dieser Häuser stehen Fahrräder, was wir als klaren Hinweis deuten, dass die Dänen gerne mit ihren Drahteseln unterwegs sind. Besonders schön sind die zahlreichen, duftenden Rosensträucher, die die Häuser schmücken und der Altstadt ein ganz besonderes Flair verleihen.
Und dann sind da noch die einzigartigen, farbenprächtigen Fassadenmalereien! Diese Dimensionen! Ich bin begeistert!
04. Mai 2024
Wir möchten das «Henner Friisers Hus» besichtigen. Dieses Haus ist Teil des Middelfart-Museums und zeigt insbesondere, wie nah die Schweinswaljagd mit der Geschichte Middelfarts verknüpft war. Der Eintritt kostet nur DKK 40 pro Erwachsenem, etwa Sfr. 5.-, und berechtigt auch zum Besuch der Ausstellung des Middellfart Museums an der Algade 8. Für Kinder und Jugendliche bis 18 Jahren ist der Eintritt frei.
Das leuchtend rote Fachwerk- Haus fiel uns bereits gestern auf! Es liegt gegenüber der Sankt-Nikolai-Kirche an der Brogade. Es ist das älteste Haus der Stadt und stammt aus dem 16. Jahrhundert. Von 1705 bis 1870 gab es dort ein Gasthaus. Es ist in seiner ursprünglichen Form sehr gut erhalten und bei seiner Restaurierung in den Jahren 1927-28 wurden im ersten Stock gut erhaltene Fresken an den Wänden gefunden.
Henner Friis ist übrigens eine literarische Figur, die der dänische Schriftsteller B.S. Ingemann 1828 für seinen historischen Roman «Die Kindheit des Königs Erik Menved» erfunden hat. Aus einem nicht näher bekannten Grund verband man diese Figur mit diesem Haus. Seitdem heisst es «Henner Friisens Hus».
In der Zeit, als das Haus als Gasthaus fungierte, übernachteten dort viele Leute auf ihrem Weg von oder nach Jütland- Könige, fahrende Gesellen, Edelleute mit Gefolge, Händler, Gaukler, Viehtreiber und Soldaten.
Im Jahr 1775 richtete man in diesem Haus eine Schnapsbrennerei ein. Später kam dann noch ein Fuhrgeschäft dazu.
Neben der Stadtgeschichte erfahren wir hier also enorm viel über die Schweinswaljagd, welche Middelfart zu Ruhm und Ansehen verhalf. Man gewann nämlich aus der Speckschicht des Wals Öl, das für Lampen- Öl verwendet wurde.
Etwas traurig, wie mir scheint, blickt mich der Schweinswalembryo im Glas an. Überhaupt alles, was im Zusammenhang mit der Schweinswaljagd steht, wirkt bedrückend und brutal. Zum Glück wurde die Jagd auf den Schweinswal im Jahr 1892 eingestellt!
Nach unserem Museums- Besuch spazieren wir zum Wasser, wo wir tatsächlich einige Schweinswale beobachten können! Die Meeresenge am kleinen Belt scheint den eleganten Tieren zu gefallen und die Strömung sorgt offenbar für reichlich Nahrung! So schön, dass sie sich uns auch in der Ostsee zeigen!
05. Juni 2024
Neue Etappe:
Bei Middelfart fahren wir auf die E20 bis Odense Süd wo wir die Autobahn verlassen und circa 600 m Richtung Zentrum fahren bis zum Parkplatz des Fünen Freilichtmuseums.
Koordinaten Parkplatz bei Odense:
55.3662, 10.3855
Dieses Mal stehen wir auf einem Parkplatz ohne Stromanschluss und anderen Annehmlichkeiten. Dafür ist er kostenfrei, was auch mal ganz schön ist, da die Stell- und Campingplätze in Dänemark im Allgemeinen doch recht teuer sind!
Der Ort Odense, in dem wir uns nun befinden, war auch der Geburtsort von Hans Christian Andersen. Das finde ich sehr interessant, denn als kleines Mädchen liebte ich Märchen über alles und wenn man es genau nimmt, auch heute noch.
Da ich jedoch immer ein bisschen durcheinander komme mit Andersen und den Gebrüdern Grimm, recherchiere ich, welche Märchen denn überhaupt aus Andersens Feder stammen. Etwas verblüfft bin ich schon, denn unter den aufgeführten Märchentitel von Andersen kann ich diejenigen, die mir vertraut sind, an einer Hand abzählen: «Die Prinzessin auf der Erbse», «Das hässliche Entlein», «Das kleine Mädchen mit den Schwefelhölzern», «Die Schneekönigin» und «Die kleine Meerjungfrau» sind mir ein Begriff, doch es gäbe noch so viele weitere Märchen, von denen ich noch nie zuvor gehört habe. Dennoch finde ich es sehr spannend, an einem Ort zu sein, wo jemand vor rund 220 Jahren das Licht der Welt erblickte und dessen spätere Werke von Müttern und Vätern noch immer ihren Kindern erzählt werden oder am Fernsehen zu sehen sind.
Von seinem Geburtshaus wollen wir einen Blick erhaschen, also machen wir uns auf den Weg Richtung Stadt, immer entlang des kleinen Flüsschens Å. Wir kommen auch an einem Zoo vorbei und können vom Spazierweg aus junge Löwen, Lamas und ein Kamel beobachten, ohne Eintritt bezahlt zu haben. Auf dem Weg zur Stadt fallen uns auch die vielen Katzen auf. Die Anwesenheit der Menschen scheint sie nicht zu stören; sie lassen sich streicheln und setzen sich auf den Schoss der Spaziergänger, die auf den Bänken ruhen.
Allein dieser Weg lässt einen glauben, man befände sich in einem Märchen! So viele lauschige Plätzchen! Und so viele verschiedene Vögel! Möwen, Raben, Enten, Spatzen, Meisen und viele mehr. Auch der Eisvogel soll sich hier heimisch fühlen; gesehen haben wir bis jetzt aber leider keinen.
Im Flüsschen lassen sich Menschen in Pedalo- Boten treiben, während andere sich auf einem Ausflugsboot zu verschiedenen Stationen bringen lassen. Einige walken entlang des Weges oder fahren mit Fahrrädern an dir vorbei. Nach circa 4 km erreichen wir die Stadt. Vielleicht ist sie heute besonders lebhaft, weil das Wetter so herrlich ist und zugleich der Nationalfeiertag der Dänen ist (Grundlovsdag; Tag der Verfassung).
Wir laufen zunächst durch das Gelände der Brandts Klæderfabrik, einem ehemaligen Textilfabrikareal, das heute ein Kultur- und Begegnungszentrum ist. Ich bestaune in einer Boutique schöne Foulards und Jörg liest etwas über die Firmengeschichte der Brandts Klæderfabrik.
Es gibt hier auch Cafés, Restaurants und Pubs. Wenn man jedoch nicht hungrig oder durstig ist, ist man eigentlich schnell durch, darum laufen wir weiter, kommen an der gotischen Skt. Knuds Kirche vorbei und unmittelbar dort erblicken wir das Geburtshaus meines Helden aus der Kindheit!
Geburtshaus H.C. Andersen
Hier hat er also gewohnt, bevor er dann später, mit 14 Jahren und nach dem Tod seines Vaters, nach Kopenhagen ging. Schön, dass ich dieses Haus nun einmal sehe!
Danach laufen wir durch den Märchengarten, der seinem Namen alle Ehre macht!
Märchenprinz 😂
Hier gibt es nämlich ein kleines Märchenschloss für Kinder, einen Spielplatz und die H.C. Andersen Statue.
Nun aber begeben wir uns wieder auf den Heimweg! Schliesslich liegen noch 4 Kilometer vor uns!
06. Juni 2024
Es regnet! Und es ist frisch in unserem Womo! Also schmeissen wir schnell die Heizung an, damit es etwas gemütlicher wird! Wir nutzen die Zeit drinnen, um ein bisschen an unserem Video zu arbeiten, bis dann das Wetter später hoffentlich etwas besser wird!
Was aber nicht der Fall ist! Nur kurz lässt der Regen nach und diesen Moment nutzen wir, um in einem nahegelegenen Einkaufsladen das Nötigste zu holen. Den Rest des Tages verbringen wir fast ausschliesslich vor dem Bildschirm und tüfteln an verschiedenen Projekten. Aber weil an so einem Tag ein Dessert die Seele wärmen kann, koche ich uns zwischendurch eine gebrannte Crème, damit wir bei guter Laune bleiben.
07. Juni 2024
Neue Etappe:
Bei Odense fahren wir auf die E20. Bei Allerup wechseln wir auf die 03 bis Seden. Danach folgen wir der 165 bis Kerteminde, wo wir auf dem Stellplatz bei der Marina einchecken.
Koordinaten Stellplatz bei der Marina:
55.4525, 10.6648
Unsere Fahrt geht weiter! Diesmal stehen wir bei der Marina in Kerteminde. Kerteminde ist eine Kleinstadt und liegt am Grossen Belt. In der Nähe soll es ein Wikingermuseum geben und da Jörg sich besonders für den damaligen Schiffsbau dieses kriegerischen Volkes interessiert, wollen wir es uns ansehen. Gerade scheint noch die Sonne, doch das Wetter ist momentan etwas gar wechselhaft. Zudem beträgt der Weg dorthin doch gute 5 km, darum beschliessen wir, die Strecke mit unseren Fahrrädern zurückzulegen.
Dort angekommen, bezahlen wir den Eintrittspreis von je 100 DKK, also umgerechnet etwa Fr. 13.50.
Schon geht’s los! Besonders erfreut sind wir, dass die meisten Beschriftungen auch auf deutsch sind. So tauchen wir in die Wikingerzeit ein und erfahren viel darüber, wie das Alltagsleben der damaligen Bevölkerung war, wie sie sich kleideten, wie der Schmuck aussah, wie die Wohnräume gestaltet waren und auch vieles über ihre Religion und den Tod.
Am spannendsten ist jedoch tatsächlich das Königsgrab. Hier wurde vor mehr als tausend Jahren ein namenloser König in seinem Wikingerschiff beigesetzt. Es ist das einzige, dänische Schiffsgrab aus der Wikingerzeit. Wir staunen, wie gut die freigelegten Überreste des Schiffsrumpfs erhalten sind. Man kann sogar noch die Skelette der mitbeigesetzten Pferde erkennen! Das Schiff soll nahezu perfekt in Nord- Süd- Richtung ausgerichtet sein. Es ist kühl in dieser Gruft und auch etwas unheimlich, aber gleichzeitig äusserst interessant!
Im Fjord, unterhalb des Grabhügels, liegt ein nachgebautes Wikingerschiff, genau dort, wo das ursprüngliche Schiff vor über 1000 Jahren an Land gezogen wurde. Es ist eine exakte 1:1 Nachbildung und wurde aus Eichenholz aus dem örtlichen Wald gebaut. Das fast 22 m lange Drachenschiff bietet Platz für 32 Ruderer. Die oberen Planken des Schiffes sind mit gelber und blauer Leinölfarbe gestrichen, da Spuren dieser Farben bei den Ausgrabungen des ursprünglichen Schiffes im Jahr 1935 gefunden wurden. Majestätisch schaukelt das Schiff im Wasser und wir können es vom Steg aus wunderbar und eingehend studieren.
Nachdem wir alles besichtigt haben, trinken wir noch einen Kaffee, bevor wir den Heimweg unter die Räder nehmen. Während ich so radle, sinniere ich darüber nach, ob Jörg vielleicht auch ein Wikinger-Gen in sich trägt.
Es würde sein enormes Interesse an diesem talentierten Volk, insbesondere im Bereich des Schiffbaus, erklären- immerhin trägt er einen Namen, der im skandinavischen Raum beliebt ist!
2 Antworten auf „-Insel Fünen: Auf den Spuren der Wikinger“
Liebe Sabine und Jörg, danke für eure interessanten Beiträge und das tolle Video!
Ich freue mich immer sehr auf die neuen Beiträge! Liebe Grüsse und weiterhin viele schöne Erlebnisse! Charlotte
Liebe Charlotte
Es freut uns sehr, das zu hören! Danke dir vielmals! Lieber Gruß nach Malters
Sabine und Jörg