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-Langeland- Kunst, Küsten und ein cleverer Vogel

 

15. Juni 2024

Neue Etappe:

Bei Lundeborg fahren wir auf der 163 bis nach Svendborg und parken danach auf dem Wohnmobilstellplatz.

Koordinaten Wohnmobilstellplatz Svendborg:

55.0611, 10.6246

Gestern haben wir das Wetter wohl zu früh gerühmt! Heute schüttet es wie aus Kübeln! Wir sind für unsere Verhältnisse ungewohnt früh losgefahren und stehen nun in Svendborg auf einem Stellplatz. Vorerst verkriechen wir uns jedoch in unserem Wohnmobil, bis das Wetter besser wird!

Tatsächlich wird es im Womo bald etwas ruhiger; der Regen lässt nach. Da Jörg unbedingt noch Wattwürmer kaufen möchte, bevor der Laden um 13 Uhr schliesst, machen wir uns auf den Weg Richtung Hafen. Den Sport- und Fischereibedarfsladen finden wir auf Anhieb- und zu meinem Glück verkaufen sie dort keine Naturköder, weshalb wir den Laden mit Gummi- Wattwürmern verlassen.

Da wir schon vor der Altstadt stehen, wollen wir diese erkunden; es wird ja hoffentlich nicht gleich wieder zu regnen beginnen. Es ist gerade Markt- es werden hier Fische und Blumen verkauft.

Leider nur roher Fisch, sonst hätten wir uns ein Backfisch- Brötchen gegönnt. So schlendern wir durch die Gassen und entdecken da und dort Secondhand- Läden. Schade, dass auch diese um 13 Uhr Feierabend machen. Dafür entdecken wir eine Galerie und treten ein.

Die Künstlerin Anne Marie Jacobsen führt uns durch die Galerie, in der Werke von ihr und zwei weiteren Künstlerinnen ausgestellt sind. Sie spricht deutsch, weil sie in jungen Jahren in Solothurn gelebt und dort den Beruf als Uhrmacherin erlernt hat. So können wir uns wunderbar über verschiedene Maltechniken austauschen.

Anne Marie Jacobsen hat sich der Aquarellmalerei verschrieben und malt vorwiegend Portraits mit abstrakten Hintergründen. Ihre Bilder kombiniert sie oft mit textilen Geweben, was ihren Arbeiten einen geheimnisvollen Touch verleiht. Obwohl sie schon immer gerne gemalt und gezeichnet hat, begann sie erst mit 65 Jahren, nach ihrem Berufsleben, ihre Leidenschaft intensiv zu verfolgen. Heute nimmt sie an internationalen Ausstellungen teil. Sie gibt mir einen Flyer mit und weil ich von ihren Arbeiten so angetan bin, folge ich ihr nun auf Instagram, um miteinander in Kontakt zu bleiben.

Wir verabschieden uns und verlassen die Galerie, doch oh Schreck: es regnet wieder in Strömen! Es lohnt sich nicht, irgendwo unterzustehen, denn es sieht nicht so aus, als würde der Regen bald nachlassen. Also machen wir uns auf den Heimweg und sind natürlich durch und durch nass, als wir beim Womo ankommen!

16. Juni 2024

Das schöne Wetter ist zurück, darum laufen wir zur Marina, denn dort soll es ein Segelsportmuseum geben und dies wollen wir uns genauer ansehen. Das Beste daran: der Eintritt ist frei! Für alle Segelsportbegeisterten dürfte dieses Museum ein wahres Paradies sein. Für mich, die wenig über den Segelsport weiss, sind es halt einfach grosse Nussschalen mit Segeln, und die Seemänner, die damit auf den Meeren gegen Wellen kämpften, sind mir unbekannt. Schön sind sie, die Schiffe, das muss man sagen! Das Holz ist meisterhaft verarbeitet und mit so vielen Lackschichten versehen, so dass ich mich darin spiegeln kann..

Ein paar Meter weiter vom Museum gibt es eine kleine Kunstgalerie, wie wir sie in Dänemark schon oft gesehen haben. Doch jede Galerie hat ihren eigenen Charm, also schauen wir uns um.

Danach laufen wir zur Sankt Nikolai Kirche. Es erstaunt mich, dass auch diese Kirche dem heiligen St. Nikolai gewidmet ist, denn die meisten Kirchen, die wir in den letzten Wochen besucht haben, waren demselben Patron gewidmet. Andererseits ist dies auch naheliegend, da der heilige St. Nikolai von Myra der Schutzpatron der Seefahrer ist, und von ihnen gab und gibt es in Dänemark ja viele. Es ist die älteste Kirche von Svendborg. Sie wurde erstmals im Jahr 1180 erwähnt. Die Glasmalereien hingegen sind noch nicht alt; sie wurden in der Zeit von 1937- 1960 vom Künstler Kræsten Iversen geschaffen und zeigen Szenen aus dem Leben Jesu. Auch der heilige St. Nikolai findet sich darauf wieder.

In der Kirche Sankt Nikolai

Aber genug von Kirchengeschichte! Wir wollen zur Kyseborgstrædet, einer Kopfsteinpflastergasse, wo man trockenen Fusses durchmarschieren kann, selbst wenn der Himmel weint! Warum das so ist, seht ihr auf dem Photo!

Mit einem leckeren Eis in den Händen, treten wir schliesslich den Heimweg an.

17. Juni 2024

Neue Etappe:

Bei Svendborg fahren wir für 19 km auf der 9 bis nach Rudkøbing auf der Insel Langeland.

Koordinaten Parkplatz beim Hafen, Rudkøbing:

54.9403, 10.7108

Nun sind wir auf der Insel Langeland angekommen! Der Name passt gut, denn die Insel ist mit ihren 52 km in der Länge im Vergleich zu ihrer Breite von bis zu 11 km tatsächlich ein langer Landstreifen auf der Karte. Sie ist über ein Brückensystem erreichbar und Teil der Inselwelt der sogenannten Dänischen Südsee.

Vor uns erstreckt sich einmal mehr ein wunderbares Panorama: der schöne Yachthafen von Rudkøbing und gar nicht weit weg die Langelandbrücke! Doch diese prächtige Aussicht können wir später noch genug geniessen. Schnell bezahlen wir die Parkplatzgebühr und machen uns auf den Weg zur Stadt.

Beim stillgelegten Bahnhof entdecken wir ein Kuriosum: Eine 24- Stunden- Uhr! Das Zifferblatt ist in 24 Felder unterteilt. Der Minutenzeiger macht wie üblich jede Stunde einen kompletten Umlauf, während der Stundenzeiger nur einmal am Tag einen kompletten Umlauf macht. Als das Bahnsystem auf Langeland 1911 eröffnet wurde, gab es natürlich auch eine Bahnhofsuhr. Im Jahr 1927 wurde in ganz Nordeuropa beschlossen, auf die modernen Zeitbezeichnungen umzustellen. Plötzlich gab es auch 13, 14, 15 Uhr und so weiter. Für den Vorstand der Langelandsbahnen war es wichtig zu signalisiern, dass sie mit dem neuen Trend einverstanden sind und sie bestellten beim örtlichen Uhrmacher Gorm Wilhelm eine 24 Stunden Uhr. Soweit bekannt, handelt es sich um die einzige Uhr dieser Art in Dänemark.

In dieses Örtchen, es soll das grösste auf Langeland sein, haben wir uns sogleich verliebt! Viele farbige, liebliche, manchmal windschiefe kleine Häuschen reihen sich eins ums andere entlang des Kopfsteinpflasters. Fielen uns auf der Insel Fünen noch die vielen Rosensträucher vor den Häuschen auf, sind es hier Stockrosen, die uns ins Auge springen.

Und wie erwartet wohnen hier viele Künstler. Da und dort schnuppern wir in Galerien hinein und bewundern die vielfältigen Kunstwerke. Besonders spannend finde ich einen Laden, der Kleiderladen und Galerie in einem ist. Die Bilder dort gefallen mir so gut, dass ich beim Verlassen des Geschäftes sofort auf die Webseite gehe. Ein Satz beeindruckt mich besonders: «Farben sind Vitamine für die Seele!» Wie wahr!

Auch die vielen Secondhandläden ziehen mich wie ein Magnet an. Auch da muss ich unbedingt hineinschauen, während Jörg lieber draussen auf einer Sitzbank die Sonne geniesst.

Auch bei der H.C. Ørsted Statue laufen wir später vorbei. H.C. Ørsted war, wie wir jetzt lesen, der Entdecker des Elektromagnetismus.

Ihm sind auch die vielen Schmetterlinge an den Häuserfassaden auf Langeland gewidmet, denn neben wissenschaftlichen Entdeckungen prägte H.C. Ørsted auch die dänische Sprache. Eines der vielen Worte, an deren Verbreitung er mitgewirkt hat, ist die dänische Bezeichnung «Sommerflugl», was übersetzt Schmetterling heisst. Somit ist der Schmetterling eine Hommage an H.C. Ørsted geworden, vor allem in Rudkøbing, aber auch im restlichen Langeland.

Nun machen wir uns wieder auf den Heimweg, denn auf dem Parkplatz, wo wir mit unserem Wohnmobil stehen, ist es auch schön!

Und siehe da: Während ich gerade am Kochen bin, werden wir plötzlich von einer Wohnmobilistin aus der Schweiz begrüsst! Wir hatten flüchtigen Kontakt auf Facebook und nun haben sich unsere Wege hier auf Langeland gekreuzt! So schön! Wir haben uns sehr über das nette Schwätzchen gefreut!

18. Juni 2024

Wir verbringen einen weiteren Tag in Rudkøbing und erneut schlendern wir durch die kleine Stadt. Dann stehen wir plötzlich vor einem Haus, indem sich eine kleine, aber feine Ausstellung über den berühmtesten Sohn Rudkøbings befindet. Und da wir über genügend Zeit verfügen, beschliessen wir spontan, die H.C. Ørsted- Ausstellung zu besuchen. Ein netter Herr führt uns durch die Welt des Elektromagnetismus und erklärt begeistert, wie H.C. Ørsted die Grundlagen dafür entdeckte. Nur schade, dass unser Englisch nicht ganz ausreicht, um alles vollständig zu verstehen und so gelingt es uns nicht immer, ihm richtig zu folgen. Dabei hat er sich mit solch einem Enthusiasmus ins Zeug gelegt! Doch genau dieser Enthusiasmus hat mich dazu inspiriert, jetzt, wo wir wieder in unserem Wohnmobil sitzen, noch mehr über den Elektromagnetismus nachzulesen. Der Funke ist also definitiv übergesprungen!

Unser Ausblick aus dem Womo mit Langelandbrücke im Hintergrund

19. Juni 2024

Neue Etappe:

Bei Rudkøbing folgen wir der 305 für circa 17 km und biegen dann links ab nach Dageløkke, wo wir auf dem Stellplatz Dageløkke Marina einchecken.

Koordinaten Stellplatz Dageløkke Marina:

55.0624, 10.8632

Die kurzen Etappen auf Langeland ermöglichen es uns, die Landschaft in vollen Zügen zu geniessen, schliesslich ist die Insel nur 52 km lang.  Jetzt sind wir in Dageløkke und stehen mit unserem Wohnmobil auf einem privaten Wohnmobilstellplatz. Die Gebühr von knapp Fr. 35,- inkl. Strom ist zwar nicht günstig, doch der Platz scheint ideale Bedingungen zum Angeln zu bieten. Kaum haben wir uns eingerichtet und einen kleinen Happen gegessen, macht sich Jörg auch schon auf den Weg Richtung Steg. Nach gut einer Stunde kehrt er zurück. Der Wind bläst einfach zu stark und er meint, unter solchen Bedingungen mache das Fischen keinen Spass. Zudem ist er von den Gummiwattwürmern nicht begeistert. Mit Plattfischen zum Abendessen kann ich also nicht rechnen. Macht nichts; weiss ich doch, dass es irgendeinmal wieder Fische geben wird, wahrscheinlich mehr als mir lieb sein wird!

Also unternehmen wir einen Spaziergang rund um den Stellplatz und laufen anschliessend dem Strand entlang, unterhalb der Steilküste.

Dort treffen wir auf einen lustigen Kameraden, einer, der uns ganz schön an der Nase herumführt, wie sich später herausstellt. Zwischen den Steinen sitzt nämlich ein Vogel, der wie wild um sich pfeift.

Verdutzt bleiben wir stehen, denn der Vogel scheint überhaupt nicht scheu zu sein! Wir bemerken, dass er einen Flügel hängen lässt. Unser erster Gedanke ist, dass dieser Vogel verletzt sein könnte. Immer wieder versucht er, unsere Aufmerksamkeit auf sich zu lenken- ein Verhalten, das wir bei einem Vogel noch nie beobachtet haben.

Oder ist es vielleicht ein Jungvogel, der nach seiner Mutter sucht? Oder doch eher eine Vogelmutter, die uns von ihren Jungen weglocken will? Wir lesen dann, dass es sich bei diesem Vogel um einen Seeregenpfeifer handelt, der oft an der gesamten Küste Langelands anzutreffen ist. Indem dieser Vogel sich krank stellt und einen Flügel hängen lässt, versucht er tatsächlich, ungebetene Gäste aus seinem Brutrevier zu locken. Hm, da haben wir diesen Vogel wohl deutlich missverstanden! Beim nächsten Mal werden wir klüger sein!

20. Juni 2024

Neue Etappe:

Bei Dageløkke fahren wir zurück auf die 305 und folgen dieser für circa 9 km bis Lohals, wo wir auf dem Stellplatz beim Hafen parken.

Koordinaten Stellplatz beim Hafen:

55.1350, 10.9023

So; jetzt sind wir im Norden der Insel angekommen. Genauer gesagt stehen wir mit unserem Wohnmobil im Hafen von Lohals. Um die nördlichste Spitze zu erkunden, unternehmen wir eine kleine Fahrradtour. Der Stellplatz bietet kostenlose Benutzung von Fahrrädern an! Ein grossartiges Angebot, das wir gerne nutzen. Schnell steigen wir auf die bereitgestellten Fahrräder, da es schneller geht, als unsere eigenen aus der Garage zu holen.

Allerdings sind diese Fahrräder Biobikes mit Rücktrittbremsen, was ungewohnt ist. Aber was solls! Wenigstens sind die Sättel bequem!

Unterwegs kommen wir beim «Hollænderhuset» vorbei. Über dieses Haus haben wir bereits gelesen. Dort soll der sogenannte «Teufelsstein» sein, den wir uns unbedingt anschauen wollen. Also halten wir an und stehen bald vor dem mysteriösen Stein, der in der Spätbronzezeit mit schalenförmigen Vertiefungen ausgestattet wurde. Wäre da nicht noch ein Foto, das die Dellen sowie einen Hand- und Fussabdruck markiert, hätten wir an diesem Gesteinsbrocken nichts Aussergewöhnliches bemerkt. Das «Holænderhuset» beherbergt zudem eine Ausstellung über die Wälder von Nordlangeland und die Menschen, die dort gearbeitet haben. Da unser eigentliches Ziel die nördlichste Spitze Langelands ist, verweilen wir jedoch nicht sehr lange und steigen bald wieder auf unsere Fahrräder.

Hollænderhuset

Und da sind wir: am «Nordkap von Langeland»! Vielleicht nicht spektakulär, aber doch ein besonderer Flecken Erde, umgeben von Wasser auf drei Seiten! Hier soll man auch wunderbar Vögel beobachten können, doch das ist heute gerade nicht der Fall!

Nordkap von Langeland

Nach einem kurzen Spaziergang am Strand kehren wir zu unseren Fahrrädern zurück. Unser nächstes Ziel ist der Leuchtturm Hou Fyr. Auf dem Weg dorthin halten wir bei einem Steg, denn Jörg möchte nachsehen, ob es Fische im Wasser gibt. Dann setzen wir unsere Fahrt fort und stehen schliesslich vor dem Leuchtturm, der den Schiffen nördlich von Langeland nachts den Weg weist. Man kann ihn von innen nicht besichtigen, also bewundern wir ihn von aussen. Dieser Leuchtturm wurde im Jahr 1949- 1950 automatisiert und braucht seitdem keinen festen Wärter mehr. Danach radeln wir zurück zum Wohnmobil.

Hou Fyr

21. Juni 2024

Auf unserem Platz herrscht gerade sowas wie die Ruhe vor dem Sturm. Eine angespannte Ruhe, denn tatsächlich gibt es eine Unwetterwarnung: um 12 Uhr soll es losgehen. Deshalb möchten wir vorher noch einen Spaziergang unternehmen. Wir können ja dann noch lange genug im Womo verweilen, wenn das Gewitter losgeht!

Wir haben uns für die gelbe Route entschieden, die wir hier entdeckt haben. Sie führt uns vorwiegend durch einen wunderschönen, märchenhaften Wald mit uralten, knorrigen Eichen, zahlreichen Buchen und dann wieder unterbrochen mit Abschnitten, wo vorwiegend Nadelbäume das Waldbild prägen. Sogar ein Reh begegnet uns. Gerne hätten wir auch ein Eichhörnchen gesehen, denn hier in Langeland sollen sie ein schwarzes Fell haben. 11000 Jahre lang war das schwarze Eichhörnchen der «König der Bäume» in Dänemark, aber mit der Ankunft des roten Eichhörnchens sank ihr Bestand drastisch. Schwarze und rote Eichhörnchen gehören zur selben Art und können sich daher paaren, aber die Gene für rotes Fell sind stärker als die für schwarzes Fell, und daher verschwindet die schwarze Farbe im Laufe einiger Generationen. Nur auf einer Insel ohne rote Eichhörnchen kann das schwarze Fell bestehen bleiben. Und dafür ist Langeland perfekt, denn viele Jahre lang gab es auf der Insel gar keine Eichhörnchen. Im Jahr 2011 wurden 14 schwarze Eichhörnchen auf der Insel ausgewildert, und 2012 kamen weitere 13 Tiere auf die Insel. Heute gibt es hier rund 100 schwarze Eichhörnchen- doch keines zeigt sich auf unserem Spaziergang!

Es ist schon weit nach 12 Uhr und der Himmel ist inzwischen verhangen. Es sieht jedoch nicht nach Regen aus, auch nicht, als wir unser Wohnmobil wieder erreichen. Daher will Jörg nun sein Glück nochmals am Steg versuchen und läuft los mit Angelrute und Köderbox unter dem Arm.

 

 

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