03. Oktober 2024
Neue Etappe:
Wir verlassen Lahr auf der B415 bis Biberach, wo wir auf die B3 wechseln. Wir folgen dieser bis Gengenbach, wo wir auf dem WoMo- Park Gengenbach einchecken.
Koordinaten WoMo- Park Gengenbach:
48.4021, 8.0073
Nachdem wir die Ver- und Entsorgung erledigt haben, verlassen wir den Stellplatz in Lahr. Unser heutiges Ziel ist Gengenbach! Warum wir uns für diesen Ort entschieden haben? Das ist eine lustige Geschichte: Auf unserem Spaziergang gestern kamen wir an einem Brunnen vorbei. Wir bemerkten, dass Menschen mit Kanistern dort Wasser holten. Das machte uns neugierig. Handelte es sich vielleicht um einen Heilbrunnen? Wir fragten einen Mann, was es damit auf sich habe. Nein, es sei kein Heilwasser, erklärte er, doch es sei deutlich weicher als das Wasser aus der Leitung. Das Leitungswasser sei so hart, dass vor allem die Kaffeemaschine darunter leide. Deshalb nutze er das Brunnenwasser. Eine Frau bestätigte seine Aussage. Im Gespräch erkundigte sich der Mann, woher wir kämen und wie lange wir in Lahr bleiben würden. Schliesslich gab er uns den Tipp, unbedingt einen Abstecher nach Gengenbach zu machen. Er schwärmte regelrecht von diesem Ort! Und Zack, sind wir in Gengenbach! Ich kann es kaum erwarten, diesen Ort zu erkunden!
Schon der erste Blick durch das Stadttor lässt uns erahnen, dass es die richtige Entscheidung war, hierher zu kommen. Mit jedem weiteren Schritt Richtung Rathaus staunen wir immer mehr! So viele schmucke Häuser, so schöne enge Gässlein! Zur Adventszeit verwandelt sich das Rathaus angeblich in den grössten Adventskalender der Welt, an dessen Fassade Werke namhafter Künstler präsentiert werden- das muss zauberhaft aussehen! Die Engelsgasse ist dann das absolute Highlight- eine Kulisse wie aus einem Märchenbuch! Auch beim Scheffelhaus in der Höllengasse statten wir einen Besuch ab. Seinen Namen erhielt das Haus von seinem Besitzer, Magnus von Scheffel, dem Grossvater des Dichters Victor von Scheffel, den wir bereits von unseren Aufenthalten in Bad Säckingen kennen (Werk: «Der Trompeter von Bad Säckingen»).
Engelsgasse
Oder der Prälatenturm: Er liegt etwas versteckt, als Element der Stadtmauer hinter der Kirche mitten in der Stadt. Nur an besonderen Tagen oder wenn ein Termin vereinbart wurde, ist der Turm für die Öffentlichkeit zugänglich. Aus einer Beschreibung entnehme ich, dass der Turm heute vier Stockwerke umfasse. Der Eingang sei wie eine Grotte angelegt und im Erdgeschoss befinde sich eine Kapelle, deren Decke das geheimnisvolle «Auge Gottes» zieren soll. Dann geht unsere Entdeckungsreise weiter zu der Stadtkirche St. Marien.
Der barocke Kirchturm dieser Kirche überragt alle anderen Türme und weist uns den Weg zum ältesten Bauwerk Gengenbachs: dem ehemaligen Benediktinerkloster. Beim Betreten des Gebäudes fällt uns sofort die fast unheimliche Dunkelheit auf. Für 50 Cent gäbe es die Kirche sogar mit Licht, doch wir verzichten darauf. Wir laufen zu einer Ganzjahreskrippe, die uns sofort in ihren Bann zieht. Plötzlich beginnt Wasser in einem der Brunnen der Krippenanlage zu plätschern und kleine, aufgeschichtete Hölzer scheinen in Flammen aufzugehen. Wie das möglich ist? Nein, wir haben kein himmlisches Wunder miterlebt! Jörg hat bloss ein paar Centstücke in einen Automaten geworfen, der nicht nur einen Mönchen nicken lässt, sondern auch diese kleinen Spezialeffekte in Gang setzt. «So sieht es doch gleich viel spannender aus!» meint er zufrieden. Ich bin mir nicht ganz sicher, ob ihn die Kirchenbesichtigung etwas gelangweilt hat. Aber wer weiss, vielleicht irre ich mich ja- jetzt wirkt er jedenfalls ziemlich glücklich!
Nach der Besichtigung der Kirche gönnen wir uns eine feine Laugenbretzel, setzen uns auf eine Sitzbank und beobachten das lebhafte Treiben um uns herum.
04. Oktober 2024
Neulich fiel mir eine Broschüre mit 32 sagenhaften Wandertouren in der Ortenau in die Hände. «Sagenhaft» bezieht sich dabei auf die ortsbekannten Sagen und Mythen. Die beschriebenen Rundwanderungen führen zu den mutmasslichen Schauplätzen dieser Legenden, und eine solche Wanderung gibt es auch in Gengenbach und genau diese unternehmen wir nun.
Die Wanderung führt uns zunächst in die Altstadt. Dort passieren wir das Obertor, biegen rechts ab und steigen den bewohnten Hügel hinauf bis wir schliesslich die St. Jakobuskapelle am «Bergle» erreichen. Ich werfe nur kurz einen Blick hinein, denn Jörg ist von den vielen Kirchenbesichtigungen der letzten Zeit schon ganz schwindlig!
Doch sowohl zur Kapelle als auch zum Ort, an dem sie steht, gibt es ein paar spannende Fakten: auf dieser Bergkuppe befand sich einst eine römische Kultstätte, was zahlreiche Münzfunde belegen. Die Kapelle war auch lange Zeit eine Station auf den grossen Jakobuswallfahrten nach Spanien. Der heutige Bau stammt aus dem Jahr 1681. Bemerkenswert sind die steinerne Aussenkanzel und die benachbarte Heiliggrabkapelle.
St. Jakobuskapelle am Bergle
Aber eben- wir verweilen nur kurz bei dieser interessanten Kapelle, da ich Jörgs Nerven nicht überstrapazieren möchte.
Wir laufen weiter durch die Weinberge, wo wir sogar noch Kunst bestaunen können! Die Künstlergruppe «ARTist» stellt nämlich regelmässig in den Weinbergen ihre Werke aus. Was für eine aussergewöhnliche Idee! Weiter geht es durch den Wald. Der Duft von frischgeschlagenem Holz, feuchtem Moos und Pilzen steigt uns in die Nase und wer hätte das gedacht: wir finden sogar wieder Pfifferlinge! Auf den «Geistertafeln», die uns immer wieder begegnen, erfahren wir ausserdem viele Geschichten, die sich in dieser Gegend zugetragen haben sollen.
Und schon erreichen wir die Teufelskanzel, eine aus der Umgebung herausragende Felsrippe auf dem höchsten Punkt des Rempenecks, einem Bergrücken hoch über Gengenbach.
Und weiter geht es durch den Wald bis zur Portiunkula-Kapelle.
Die ursprüngliche Portiunkula-Kapelle steht in Assisi, dem Wirkungsort des heiligen Franziskus. In Gengenbach jedoch wurde ihm zu Ehren eine kleine Kapelle im Wald errichtet. Am Wegesrand in der Nähe der Kapelle entdecken wir viele Steine, die mit Wünschen und Gebeten versehen sind und von Besuchern mitgebracht wurden. Ich öffne die Tür der Kapelle und trete ein. Ich habe schon viele Kirchen und Kapellen gesehen, aber diese kleine, zwischen Bäumen und Reben versteckte Kapelle hat einen ganz besonderen Charme! Vielleicht liegt es daran, dass das einzige Licht von den zahlreichen brennenden Kerzen und dem Tageslicht kommt, das durch die wunderschönen, bemalten Fenster hereinfällt.
Etwas unterhalb der Kapelle wird man dazu eingeladen, ein paar Seifenblasen im Winde tanzen zu lassen.
Wir verlassen diesen mystischen Ort und machen uns durch die Weinberge auf den Weg zurück in die Stadt und schliesslich zum Wohnmobil. Auch wenn das Wetter sich nicht immer von der schönsten Seite zeigte, hat uns diese Wanderung sehr gefallen.
05. Oktober 2024
Der Betreiber des Stellplatzes hat uns gestern darüber informiert, dass heute in der Stadt ein Antiquitätenmarkt stattfinden soll. Und da wir nichts anderes vorhaben, machen wir uns auf den Weg dorthin. Man solle da Exponate aus verschiedenen Epochen bestaunen und erwerben können, die mindestens vor 1975 entstanden sind.
Und tatsächlich: Schon bei unserer Ankunft herrscht ein geschäftiges Treiben! Händler und Käufer feilschen um faire Preise- es geht beinahe zu und her wie auf den Souks in Marokko, nur dass die Preise hier höher liegen. Das ist auch kein Wunder, denn die ausgestellten Schätze sind wahre Fundstücke, die die Herzen von Nostalgikern höher schlagen lassen. Auch ich bleibe immer wieder fasziniert stehen und betrachte die Vielfalt der Angebote. Dann fällt mein Blick auf einen Teddybären, der mich sofort an meinen geliebten Teddy «Tonali» aus Kindertagen erinnert.
Und es gibt Schmuck in Hülle und Fülle! Ohrringe genauso, wie ich sie liebe! Doch leider habe auch ich nur zwei Ohren, und für diese zwei Ohren gibt es bereits genug Schmuck im Wohnmobil, weshalb ich schön brav weiterlaufe. Es gibt auch unzählige, mundgeblasene Christbaumkugeln und anderen Christbaumschmuck, so richtig schön altmodisch und dennoch wunderschön!
Aber auch alte Backformen, Metalldosen, Reklamen, Musterbücher, Gemälde, Porzellanlampen und vieles mehr! Würde ich hier zuschlagen, könnte ich unser Wohnmobil in eine Schatzkammer verwandeln, bei deren Anblick Alibaba vor Neid erblassen würde!
06. Oktober 2024
Wir verbringen einen weiteren ruhigen Tag auf dem Stellplatz in Gengenbach.
07. Oktober 2024
Neue Etappe:
Bei Gengenbach fahren wir auf die B33 bis Offenburg, wo wir auf die L98 wechsel und die Grenze nach Frankreich überqueren. In Frankreich nehmen wir die D1083 bis Erstein, wo wir auf einem öffentlichen Parkplatz parken.
Koordinaten Parkplatz in Erstein:
48.4237, 7.6650
Erste Priorität hat heute das Wäschewaschen, darum wählen wir unsere nächste Bleibe entsprechend aus. Erstein im Elsass scheint uns dafür der ideale Ort zu sein. Und tatsächlich treffen wir bei der Wäscherei Ried die perfekte Infrastruktur an, um unserem Wäscheberg den Kampf anzusagen.
Danach geht’s ins Örtchen, es will uns nicht so recht gefallen. Vielleicht sind wir etwas verwöhnt von Gengenbach, oder es liegt am unaufhörlichen Regen, der uns eher unmotiviert durch das Dorf schlendern lässt. Die Martinskirche wird gerade umfassend renoviert, daher gibt’s diesmal auch keine Kirchenbesichtigung. Zudem sind die meisten Läden geschlossen oder leer. Nein, ich glaube, selbst bei bestem Wetter wäre die Motivation, diesen Ort zu erkunden, nicht viel grösser.
Schnurstracks geht’s deshalb zurück zu unserer Kutsche, wo wir uns einigeln, auf besseres Wetter hoffen und heissen Tee trinken.
08. Oktober 2024
Neue Etappe:
Bei Erstein fahren wir zurück auf die D1083 und bleiben auf dieser bis Sélestat. Dort checken wir auf dem Wohnmobilstellplatz Les Cigognes ein.
Koordinaten Wohnmobilstellplatz Les Cigognes:
48.2537, 7.4480
Das Wetter ist leider überhaupt nicht nach unserem Geschmack! Wir sind einen Rutsch weitergefahren und befinden uns jetzt in Sélestat auf einem Stellpatz, nicht weit vom Stadtzentrum entfernt. Bei solch tristem Wetter wie heute, ist es bestimmt keine schlechte Idee, in einer Stadt zu sein. Hier gibt es bestimmt etwas zu besichtigen- jedenfalls hoffe ich das. Auf Wikipedia lese ich, dass die Stadt über einen mittelalterlichen Stadtkomplex verfüge und zudem ein Zentrum des Humanismus war. Ob dieser geistige Einfluss noch spürbar ist, wollen wir herausfinden, sobald der Regen etwas nachlässt.
Jetzt stehen wir vor einem Denkmal im Stadtzentrum, das 1958 eingeweiht wurde und die Gefallenen von Sélestat würdigt. Es symbolisiert Frankreich durch die Darstellung einer Frau mit zwei Kindern. Eine Seite steht mit einer geflügelten Figur für den Krieg, während die andere Seite den Frieden mit einer Taube und einem Engel darstellt.
Sélestat ist wieder ein Glückstreffer und begeistert uns auf Anhieb! Natürlich wäre die Stadt bei perfektem Wetter noch viel schöner, aber das ist ja immer so. In der Altstadt begegnen uns auf dem Boden immer wieder dreieckige, mit Löwentatzen versehene Messingmarkierungen, die auf die Sehenswürdigkeiten hinweisen. Wir vermuten zumindest, dass es Löwentatzen sind, schliesslich ist im Wappen von Sélestat ein Löwe abgebildet.
Zunächst wollen wir einen Blick auf die Humanistische Bibliothek werfen, allerdings bloss von aussen. In dieser Bibliothek könnte man für 6 Euro die ältesten im Elsass aufbewahrten Manuskripte, Werke aus der Renaissance und des Humanismus bewundern, doch uns ist nicht danach. Doch allein schon das Gebäude ist sehenswert.
Eine weitere Sehenswürdigkeit ist die Kirche Ste-Foy, die römisch-katholische Pfarrkirche. Wir treten ein und sind erneut überrascht, wie dunkel es auch in dieser Kirche ist. Zudem hängt viel Weihrauch in der Luft, so dass wir schnell das Weite suchen.
Während wir durch die Altstadt von Sélestat schlendern, wird uns schnell klar, welch bedeutende Rolle die Zunft der Bäcker hier gespielt haben muss. Jedenfalls gibt es zahlreiche Bäckereien und vor allem auch das Brothaus (Maison du Pain d`Alsace), ein Museum, das sich ganz der Geschichte des Brotes widmet. Vielleicht schauen wir morgen dort vorbei, wer weiss. Für heute lassen wir uns einfach durch die farbenfrohen Gassen treiben, bewundern die prächtigen Fassadenmalereien auf den Fachwerkhäusern, bis uns vom vielen Hinaufsehen der Nacken schmerzt.
Auf dem Heimweg lassen wir uns eine feine Waffel mit Kastaniencrème munden.
09. Oktober 2024
Auch heute zieht es uns in diese interessante Stadt, denn es gibt da schon noch das eine oder andere, das wir uns gerne anschauen möchten. Da gehört die Gerberstrasse mit dazu, die sich etwas ausserhalb der Stadt befindet. Grund dafür ist, dass man die Gerberzunft aufgrund der vielen unangenehmen Gerüche nicht zu nah am Stadtkern haben wollte.
Uns gefällt diese reizvolle Gasse. Die Häuser mit den schmalen, hohen Giebeln erinnern an das Hexenhaus aus dem Märchen Hensel und Gretel. Diese Bauweise hatte jedoch einen praktischen Hintergrund: die Felle mussten vor der Verarbeitung zu Leder mehrmals gewaschen, abgeschabt und gegerbt werden. Danach wurden die Häute zum Trocknen im Dachstuhl aufgehängt, weshalb dieser oft besonders hoch gebaut und mit Lüftungsluken versehen wurde.
Und heute statten wir auch noch dem Brotmuseum einen Besuch ab. Der Eintrittspreis beträgt 6 Euro, für Senioren wie Jörg gibt’s eine Ermässigung von 2 Euro. Auf mehreren Etagen wird die Geschichte des Brotes anschaulich vermittelt.
Dieser Besuch hat uns nur mässig begeistert. Kann man machen, muss man aber nicht.
10. Oktober 2024
Neue Etappe:
Bei Sélestat fahren wir auf die D1083 und folgen dieser bis zur Ausfahrt Ribeauvillé. Danach folgen wir der D106 bis ins Dorf Ribeauvillé, wo wir auf dem Gemeindestellplatz einchecken.
Koordinaten Stellplatz in:
48.1908, 7.3296
Nach nur 15 Kilometer Fahrt erreichen wir Ribeauvillé, ein typisch elsässisches Winzerdorf, das sich laut Berichten zu besuchen lohnt.
Und tatsächlich! Dieser Ort übertrifft alle Erwartungen! Dachten wir, Gengenbach oder Sélestat seien die Highlights der vergangenen Woche gewesen, so müssen wir unsere Meinung nun gründlich revidieren! Es macht so viel Freude, sich hier durch die farbenfrohen Gassen treiben zu lassen, in die Läden hereinzuschauen, die schönen Fassaden zu bewundern und mehr über die Geschichte dieses reizenden Dorfes zu erfahren.
Immer am 1. September findet in Ribeauvillé das grösste und älteste Volksfest im Elsass statt. Das mittelalterliche Gaukler- und Musikantentum wird dabei in einem grossen Festumzug wieder lebendig. Leider haben wir dieses einmalige Fest um ein paar Wochen verpasst. Der Ursprung dieses Festes geht auf das 14. Jahrhundert zurück und so ist die Legende:
Ein armer Spielmann sass mit seiner Familie verzweifelt am Strassenrand, weil seine Pfeife, seine einzige Einnahmequelle, zerbrochen war. Der Herr von Rappoltstein schenkte ihm einen Beutel Gold und forderte ihn auf, eine neue Pfeife zu kaufen und ihn eines Tages zu besuchen. Aus Dankbarkeit versammelte der Spielmann andere Musiker und zog in einer grossen Prozession zur Burg. Dort wurde der Herr von Rappoltstein zum «König der Minnesänger» gekrönt. Seitdem kehren die Musiker jedes Jahr zurück, um ihm zu danken und der Muttergottes von Dusenbach eine Krone darzubringen.
Auch wenn wir das Fest verpasst haben- der Pfeifenspieler begegnet uns immer und immer wieder und genauso der Storch, der als Wahrzeichen des Elsass gilt.
Wir verweilen lange in der Stadt- so vieles gibt es hier zu bestaunen! Erfüllt von den vielen Eindrücken, kehren wir allmählich zum Wohnmobil zurück.