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Reisen

-Ab an den Damm und rein in den Schlamm!

13. April 2023

Es ist Morgen; Wir ziehen die Verdunkelungsrollos auf, um zu sehen, was das Wetter macht. Der Himmel zeigt sich nicht von seiner besten Seite, grau und schmuddelig kommt er daher. Das haben wir schon lange nicht mehr gehabt! Die Farbskala des Himmels reichte die letzten Wochen stets von einem pastelligen blau über Lichtblau bis zu einem Indigoblau. Grau kam nie vor. Aber eigentlich kommt uns das gerade recht; so arbeite ich ein wenig am Computer und Jörg poliert draussen am Womo die verchromten Teile und liest später in seinem dicken Wälzer, den er schon bald durch hat.

Ich werde also heute nicht in der Lagune baden gehen und mich deshalb auch nicht mit schwarzem Schlamm einreiben, denn es ist mir tatsächlich etwas zu kühl und zu windig. Das Wasser soll dort zwar etwas wärmer sein als im Meer- da bin ich Gfrörli ganz froh darüber! Überwinden werde ich mich trotzdem müssen! Nur- wann hat man schon Gelegenheit, ein Schlammbad zu nehmen? Also hoffe ich, dass ich morgen den inneren Schweinehund überlisten kann! Allzu lange muss die Übung ja nicht dauern. Ein wenig herumschwadern und anschliessend den Körper mit schwarzem Schlamm einreiben. Das sollte doch zu schaffen sein! Was macht man nicht alles für die Gesundheit!

Jetzt laufen wir doch noch ein paar Schritte, denn der Himmel ist wieder blau und wir verspüren das Bedürfnis, uns etwas zu bewegen. So gehen wir zu einem Einkaufsladen und kaufen das Nötigste ein.

14. April 2023

Das Wetter sieht vielversprechend aus! Ich kann also keine Ausrede bringen und muss den Stier bei den Hörnern packen! So radeln wir los nach Lo Pagan zu dem Damm. An einem der Stege halten wir an und nun gibt es kein zurück mehr! Den Bikini habe ich bereits unter den Kleidern an und bin darum schnell parat. Also! Packen wir’s an! Ich laufe den Steg runter und strecke einen Zeh ins Wasser. Es fühlt sich kalt an. Wie immer! Trotzdem gebe ich mir einen Ruck, steige ins kühle Nass und laufe ein paar Schritte und bin erstaunt, wie schnell sich mein Körper an die Wassertemperatur gewöhnt. Man könnte sogar sagen, dass es sich beinahe angenehm anfühlt, so im Wasser zu waten. Der Schlamm unter den Füssen ist seltsam weich und umschmeichelt meine Zehen; ich bin wohl am richtigen Ort angelangt. Ich nehme etwas Schlamm vom Grund und beginne, mich einzureiben. Pechschwarz ist das Zeug. Irgendwo las ich, dass der Schlamm unangenehm rieche. Das kann ich so nicht bestätigen. Klar duftet es nicht nach Veilchen oder so; aber ganz so schlimm ist es wirklich nicht. Der schwarze Pudding haftet bereits auf Armen, Schulter und Bauch. Wieder nehme ich eine Portion und deponiere das Häufchen auf dem Steg, damit ich auch meine Beine einreiben kann und steige aus dem Wasser. Jörg gibt mir jetzt Hinweise, wo noch etwas aufgetragen werden muss. Mein Rücken aber bleibt weiss, denn ich kann ihn nicht dazu bewegen, mit seinen Händen in den Dreck zu langen, so nennt er es, und mir damit den Rücken einzureiben. Partout nicht! Was solls! Jetzt setze ich mich auf den Steg, damit der Schlamm eintrocknen kann. Mit Entsetzen stelle ich fest, dass viele rote Würmer aus der Masse hervorkriechen- nicht sehr grosse, nur etwa 1cm lange, aber das ekelt mich jetzt schon an. Sie erinnern mich an die Wattwürmer, die Jörg einst zum Fischen gekauft hat. Hach- ich darf gar nicht daran denken! Aber es ist schon passiert! Ich kriege die Bilder von Würmern nicht mehr aus meinem Kopf! Ringelwürmer, Regenwürmer und nun auch Maden und anderes Ungeziefer tauchen in meinem Kopf auf und lassen mich erschaudern. Hoffentlich trocknet der Schlamm schnell, schnell ein, damit ich mich waschen kann und alles wieder von meinem Körper runter kriege. Bis es so weit ist, zupfe ich angewidert jedes einzelne rote Biest mit Pinzettengriff aus dem Schlamm. Zum Glück trocknet die schwarze Schicht an der Sonne ratz fatz. Meine Haut sieht jetzt aus wie die eines Elefanten! Eines uralten Elefanten! Runzlig und grau! Nun ist auch die letzte Stelle durch und durch trocken- also husch, husch ins Wasser! Langsam verwandle ich mich vom Dickhäuter zum Menschen zurück. Ich ziehe mich um und schon bald sitzen wir wieder auf unseren Rädern und fahren gemächlich zu unserem Womo zurück.

Schlammbad bei Lo Pagan

Richtig gut fühle ich mich. Ob das auf das Schlammbad zurückzuführen ist, oder ob mir einfach das Baden in der Lagune gutgetan hat, weiss ich nicht. Vielleicht beides. Auf jeden Fall ist die heilende Wirkung dieses Schlammes am Mar Menor schon seit der Antike bekannt. Der Heilschlamm enthält unter anderem Kalzium, Magnesium und Kalium, also alles, was für den Körper gut ist. Übrigens: die maximale Tiefe des Mar Menor beträgt bloss 7m. Auf dem Camperpark nehme ich zuallererst eine ausgiebige Dusche, damit ich Gewissheit habe, dass wirklich alle roten Würmer abgespült sind.

Jetzt mache ich uns wieder eine Focaccia aus dem Hefeteig, den ich vor unserer Abfahrt zubereitet und kühl gestellt habe. Wäre ja schade, wenn wir uns von dem vielen Rosmarin, der hier wächst, nicht bedienen würden, soll er doch, wie so viele Kräuter, sehr gesund sein. Er soll die Durchblutung fördern, den Kreislauf und  die Verdauung ankurbeln, krampflösend und entzündungshemmend sein und hoffentlich auch eine abtötende Wirkung auf rote Würmer haben, falls doch noch einer irgendwo haften sollte!

15. April 2023

Ich male den ganzen Tag an meinen Dromedaren weiter und komme gut voran. Jörg hat soeben sein dickes Buch fertiggelesen und macht sich jetzt auf dem Netz schlau über Auto- Beschriftungen, weil wir gerne unser Wohnmobil als Werbeträger nutzen wollen. Das möchten wir nämlich schon lange, sind es aber noch nie angegangen. Anstoss gab uns ein Wohnmobilist auf unserem Platz, auf dessen Womo eine Werbung für Autobeschriftungen angebracht ist.

Langsam knurrt mein Magen. Gleich werden wir aufbrechen. Heute bleibt meine Womoküche geschlossen; es gibt auf unserem Camperpark ein grosses Restaurant und das wollen wir testen!

Nun sind wir vom Essen zurück und es hat uns hervorragend geschmeckt! Wir können das Restaurant vom Camperpark mit gutem Gewissen weiterempfehlen.

16. April 2023

Wir steigen auf unsere Räder und fahren zum nördlichen Ende der Salinenbecken San Pedro del Pinatar. Es ist viel los auf dem Weg dorthin; auf der Strandpromenade findet soeben eine Rangverkündigung statt von einem Lauf, der wohl heute morgen stattgefunden hat. Die grünen Papageien, die wir auch hier wieder sehen, sind mit dem Nestbau beschäftigt; immer wieder sehe ich sie über mir fliegen, mit feinen Ästen in den Schnäbeln. Die Möwen genauso.

Bei einem Parkplatz von San Pedro del Pinatar deponieren wir unsere Velos und laufen anschliessend über die Dammstrasse. Wir sehen wieder viele Flamingos, die nach Nahrung suchen. Hier sind sie, wie auch in der Camargue, Frankreich, eher blass. Nur wenn sie ihre Flügel etwas anheben, kommen rosafarbene Federn zum Vorschein, die so typisch sind für diese Vögel.

Flamingos am Mar Menor

Wir beobachten sie eine Weile und laufen weiter. Nun haben wir die Lagune überquert und laufen nun auf wunderschönen Wegen durch die imposante Dünenlandschaft. Dank Info- Tafeln kann man viel lernen über die hiesige Flora, nur schade, dass fast alles in spanischer Sprache geschrieben steht. Aber ich mache ein Foto von der Tafel, damit ich später die Begriffe im Internet eingeben und etwas über die verschiedenen Pflanzenarten erfahren kann.

Wunderschöner Weg in San Pedro

Jetzt haben wir den Strand des Mittelmeeres erreicht. Wir laufen dem Küstenstreifen entlang, bevor wir uns wieder auf den Rückweg machen. Dort wo die Wellen auf Land treffen, fallen uns viele Kugeln aus organischem Material auf, wie wir sie auch schon an anderen Stränden sahen. Wir wussten aber nie, was es mit diesen Kugeln auf sich hat und wie sie entstehen. Einmal haben wir sogar eine dieser Kugeln auseinandergezupft, um nachzusehen, ob es da ein Innenleben gibt, dem war aber nicht so. Auf einer der Info- Tafeln sehen wir nun ein Bild von diesen fasrigen Bällen. Endlich erfahre ich den Namen! So kann ich im Womo mit dem Recherchieren beginnen!

Posidonia Seegras

Mit diesen Kugeln aus Seegras hat es folgendes auf sich: Das Seegras Posidonia wächst im Mittelmeer. Damit sich die Pflanze gut entwickeln kann, ist Wasser von guter Qualität, also sauerstoffreich, Voraussetzung. Findest du diese Bälle am Strand, ist das ein Indikator, dass das Wasser rein und gesund ist. Diese faserigen Kugeln sind die Überreste, die nach dem Zerfall der Blätter der Posidonia- Pflanze übriggeblieben sind. Durch die Wellenbewegungen und durch die Reibung mit dem Meeresboden entstehen diese Kugeln. Es findet also eine Verfilzung der Blattrückstände statt. Der Verlust dieser Meereswiesen würde zur Verarmung der Fischereigebiete und zu einer zunehmenden Trübung des Gewässers führen. Die Bälle, die am Strand liegen, sind also keineswegs eine Verschmutzung. Ein Barfuss- Spaziergang über diesen Teppich soll sogar aufgrund des hohen Jodgehaltes und der sanften Massage sehr wohltuend sein und die Blutzirkulation anregen. Wichtig ist, dass man sie am Strand liegen lässt, da sie die Küste vor Erosionen schützen. Wenn wir Sorge zum Posidonia- Seegras tragen, trägt es umgekehrt dazu bei, dass wir uns noch lange an den Stränden erfreuen können. Posidonia- Kugeln können sogar Mikroplastikteile aus dem Meer binden. Sie müssten im nächsten Schritt eingesammelt und verbrannt werden. Weil so aber die vielen Vorteile, die sie für den Strand bringen, verloren gehen würden, wäre es sinnvoller, in erster Linie den Kunststoffmüll drastisch zu minimieren, was eine Aufgabe der Politik wäre.

Endlich weiss ich, woher diese Kugeln stammen! Uns fiel an anderen Stränden ein weiteres Gebilde auf, das aussieht wie ein Blatt eines Chicorées und von den Wellen an den Strand gespült wird. Wir haben keine Ahnung, was das sein könnte und ob es tierischer oder pflanzlicher Herkunft ist. Wir hoffen, dass wir auch darüber eines Tages mehr erfahren werden.

???

17. April 2023

Ein Blick in den Schmutzwäscheschrank genügt, um zu erkennen, dass es wohl besser wäre, einen weiteren Tag auf dem Camperpark zu verbringen, gibt es doch hier einige Waschmaschinen in gutem Zustand. Gesagt getan, und schon dreht sich eine der Wäschetrommel mit unseren Klamotten im Kreise.

Zwischendurch laufen wir ein paar Schritte; ansonsten verbringen wir einen ruhigen Tag im und vor dem Wohnmobil.

18. April 2023

Neue Etappe:

Vom Camperpark La Ribera fahren wir auf die N332, immer Richtung Alicante bis nach La Marina wo wir auf dem Camperpark El Pinet Playa einchecken. Die heutige Strecke beträgt 48 km.

Koordinaten Camperpark El Pinet Playa:

38.1513, -0.6423

Der Camperpark El Pinet Playa ist ein holländisches Familienunternehmen. Der Platz ist für 66 Wohnmobile ausgelegt, wovon circa 15 Plätze auch für grössere Womos geeignet sind. Beim Anmelden erklärt uns der Stellplatzinhaber, dass sie heute im ganzen Viertel einen Stromausfall hätten und er deswegen den Belegungsplan auf dem PC nicht einsehen könne. Falls jemand unseren Platz reserviert habe, müssten wir vielleicht umparkieren. Das macht nichts; wir sind ja flexibel.

Mittlerweile sind wir also in der Costa Blanca angelangt. La Marina, wo wir uns nun befinden, ist ein Küstendorf, nahe der Stadt Elche. Wir laufen ungefähr 1 km zum Naturpark Les salines de santa pola, durch den ein ungefähr 3 km langer Rundweg führt. Ähnlich wie am Mar Menor tummeln sich hier Flamingos und viele andere Wasservögel. Fauna und Flora haben sich in dieser Gegend der Feuchtigkeit und dem hohen Salzgehalt perfekt angepasst. Ende 19. und anfangs 20. Jahrhunderts wurden Salzbergwerke gebaut; die Gegend veränderte sich dadurch, gleichzeitig ist es bemerkenswert, wie industrielle Nutzung und Schutz der Umwelt miteinander funktionieren können.

Immer wieder legen wir einen Halt ein, um an den Aussichtspunkten die imposante Vogelwelt beobachten zu können.

Wir sehen weisse Hügel aus Salz und bewundern zudem die Farben der Salinenbecken. Es gibt Becken, die etwas surreal aussehen, denn das Wasser ist hier beinahe rosa. Schuld daran ist ein Meeresbakterium, welches rosafarbene Pigmente freisetzt.

Salinenbecken bei Santa Pola

Beim Strand angelangt, fallen uns erneut die Posidonia- Seegraskugeln und die weissen, chicoréeblattähnlichen Gebilde auf. So allmählich nehmen wir den Rückweg unter die Füsse. Uns gefällt diese vielseitige Gegend sehr.

Dünenlandschaft bei Santa Pola

Da uns an den Stränden das weisse Strandgut immer wieder begegnet, versuche ich noch einmal, auf dem Netz Informationen darüber zu erhalten. Vielleicht finde ich diesmal etwas. Jaaaa! Tatsächlich! Was so aussieht wie ein weisses Blatt ist in Wirklichkeit eine Sepia- Schale und stammt vom Skelett eines Tintenfisches. Die Schale, resp. der Schulp, wird für den statischen Auftrieb des Tintenfisches genutzt.

Sepiaschalen gibt man gerne den Wellensittichen als Ergänzungsfutter. Auch bei Schildkröten sollten sie auf dem Speiseplan stehen, da sie Kalk für ihre Knochen und den Panzer liefern. Ha! Wieder etwas dazu gelernt!

19. April 2023

Wir laufen ins Städtchen La Marina, kaufen uns in einer Bäckerei etwas zum Picknicken ein und laufen Richtung Dünen. Im Pinienwald setzen wir uns auf eine Bank und geniessen die Leckereien. Es windet aber enorm stark und es liegt viel Staub und Sand in der Luft, darum gibt es heute keinen ausgedehnten Spaziergang.

4 Antworten auf „-Ab an den Damm und rein in den Schlamm!“

Wieder super,deine Berichtersrattung.Immer interessant eure Erlebnisse zu erfahren.Die weissen kalkhaltigen Gebilde kenne ich aus der Wellensittich- Zeit.Diese haben wir den Vögeln in den Käfig gehängt,damit sie die Schnäbel wetzen konnten. Und nun freue ich mich schon wieder auf den nächsten Blog.Bis bald!!

Hoi Papi
Ja jetzt im Nachhinein habe ich das Gefühl, diese weißen Dinger früher tatsächlich schon gesehen zu haben. Es muss genau in der Zeit gewesen sein, als du und Peter Wellensittiche gezüchtet habt. Danke für deinen Kommentar und ganz liebe Grüße!
Sabine

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