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Reisen

-Essaouira, oder die Stadt des Windes

26. Januar 2023

Wir laufen wieder zu den Marktständen, weil wir ein paar Lebensmittel besorgen müssen. Auf dem Weg dorthin fällt uns ein eigenartiges Geräusch auf: Es klappert von überall her. Es sind die Störche, welche auf jedem Telefonmasten und jedem Minarett Nester gebaut haben und jetzt mit ihren Schnäbeln um die Wette klappern. Klapperstörche eben! Klapperstörche, die hier in Oualidia den Winter verbringen und sich dann schon im Februar/ März wieder auf den Weg nach Europa machen.

Störche in Oualidia

Nebst den Störchen fotografiere ich eine Wiese, welche mit wilden Ringelblumen übersät ist. Kräuter-Pfarrer Küenzle hätte hier seine wahre Freude gehabt!

Ringelblumen

Wir laufen zu der kleinen Kasbah, welche 1634 von Sultan El Oualid erbaut wurde, und geniessen die herrliche Aussicht auf die Lagune.

Wir kaufen ein paar Handvoll Datteln (unterdessen sind wir uns gewohnt, dass man das Gewünschte nicht in Gramm, sondern in Handvoll bestellt). Datteln sind mein neuster Lieblingssnack geworden. Waren es in der Schweiz noch Salznüssli und ab und an mal Chips, knabbere ich jetzt so zwischendurch beim Lesen, Schreiben oder fernsehen Datteln. Die sind göttlich! Und überhaupt nicht klebrig!  Gesund sollen sie auch noch sein! Ballaststoffreich, eisen- und magnesiumhaltig, auch Vitamin B und C sollen sie enthalten. Hier in Marokko sind wir ja an der Quelle! Was für ein Glück! Und wie schön, dass etwas so Feines auch noch gesund ist!

Wie könnte es anders sein: auch heute essen wir gleich beim Markt Tajine und Pizza. Das wird nie langweilig, denn es schmeckt immer wieder anders.

Dass uns während dem Essen immer und überall Katzen um die Beine schleichen, in der Hoffnung, dass wir unsere Leckereien mit ihnen teilen, gehört jetzt zu unserem Alltag. Waren es in Kenitra viele streunende Hunde, die das Stadtbild prägen, sind es hier in Oualidia Katzen. In Kenitra fiel uns auf, dass die Hunde in einem grossen Rudel leben. Die enge Verwandtschaft zu den Wölfen zeigt sich in diesem Verhalten deutlich.

27. Januar 2023

In der Nacht regnet es. Wenn es nachts regnet, kann ich nicht schlafen, denn es prasselt ganz schön laut auf unser Womodach. Zum Glück aber hat es irgendwann nachgelassen und als wir am Morgen erwachen, stellen wir verblüfft fest, dass die Uhr schon halb zehn anzeigt.

Eigentlich wollten wir heute weiterziehen nach Essaouira. Aber die Wetterprognosen zeigen, dass das Wetter in Oualidia deutlich besser ist als in Essaouira. Darum bleiben wir einen weiteren Tag hier.

Wir machen einen kleinen Marsch weg vom Dorf Richtung Süden, laufen durch Gemüsefelder, hinunter Richtung Sandstrand und wieder heimwärts. Hinter dem Sandstrand entdecken wir viele kleine Süsswasser- Teiche. Wir staunen nicht schlecht; voller Leben sind diese! Es wuschelt nur so! Das wollen wir uns genauer anschauen und trauen unseren Augen kaum, als wir vor dem Wasser stehen: Millionen von Kaulquappen tummeln sich hier! Es sieht aus, als würde eine grosse, schwarze Wolke durch den Teich fegen! Eine Wolke aus Kaulquappen! Eins ist klar: Die Störche hier in Oualidia müssen nicht um ihre Nahrung bangen!

Kaulquappen

28. Januar 2023

Wir bezahlen den Campingplatz (pro Nacht 130 Dirham), machen die Entsorgung (Jörg hat gestern zum Glück den Frischwassertank gefüllt, denn heute gibts auf dem ganzen Campingplatz kein Frischwasser) und fahren los.

Wir fahren bei Oualidia auf die Autobahn Richtung Safi. Safi lassen wir rechts liegen und gehen dort auf die N1 immer Richtung Essaouira über Sebt-des-Gzoula, Talmest bis Ounara. In Ounagha, gleich bei der Kreuzung N1 und R207 befindet sich der Campingplatz Les Oliviers, wo wir einchecken.

Koordinaten 31.5328, -9.5465

Landschaftlich hat sich die Gegend hierher etwas verändert: Die Felder sind nicht mehr saftig grün, nein, sie sind recht steinig. Sehr viele Olivenbäume haben wir unterwegs gesehen und wie immer ganz viele Eselsgespanne. Für die Marokkaner ist hier der Esel das Fortbewegungsmittel Nummer 1. Aber die Gegensätze finden wir schon krass: da sitzen diese auf dem Rücken eines Esels und drücken gleichzeitig am Handy rum!

Ohne Worte

Nach dem Einchecken laufen wir ins Ortsinnere, weil wir etwas hungrig geworden sind. Da entdecken wir einen kleinen Laden mit der Überschrift Argan. Arganöl, das flüssige Gold Marokkos, steht auf meiner Wunschliste, darum schauen wir uns den Laden etwas genauer an. Ein junger Mann röstet draussen in einem Röstofen Argannüsse. Der Ladenbesitzer hat uns schon erblickt. Er lässt uns eine braune Masse kosten, ein Gemisch aus Arganöl, Mandelpaste und Honig. Amlou nennt sich dieser Brotaufstrich. Das schmeckt uns so lecker, dass wir den Laden nicht nur mit Arganöl, sondern auch mit Amlou verlassen.

Arganöl kann man auch in der Schweiz in Reformhäusern kaufen. Dieses Geschmackserlebnis solltest du dir nicht entgehen lassen. Du solltest es jedoch nur für die kalte Küche verwenden, weil es einfach viel zu schade wäre, dieses wertvolle Öl zu erhitzen. Möchtest du damit Salatsaucen zubereiten, dann empfehle ich dir ein Öl zu kaufen, bei dem die Argannüsse geröstet wurden. Der nussige Geschmack wird dir für immer in Erinnerung bleiben! Meiner Meinung nach gibt es kein besseres Öl! Kleiner Tipp: Für eine Salatsauce nimm anstelle von Essig frischen Orangensaft- köstlich sag ich dir!

Wir setzen uns in ein Strassenrestaurant. Die Verständigung mit dem Koch läuft hier etwas harzig, aber wir bekommen doch so viel mit, dass es bei ihm kein Tajine gibt, er uns aber etwas Fleisch grillieren würde. So lassen wir uns überraschen. Schnell holt er Hackfleisch vom Metzger nebenan, formt daraus ein riesengrosses, flaches Hacktätschli, legt Tomaten und Zwiebelscheiben darauf, klemmt das Ganze in ein Grillgitter und bald darauf sitzen wir in einer Rauchwolke und bekommen bald ein leckeres Znacht serviert, zusammen mit Pommes und feinem Minztee.

Sicht aus dem Strassenrestaurant

Nachts erwachen wir, weil es draussen auf den Strassen recht laut ist. Auch ist das Stromnetz zusammengebrochen, denn unser Kühlschrank gibt plötzlich eigenartige Geräusche von sich und wechselt ständig von Strom- auf Gasbetrieb und umgekehrt. An Schlaf ist also nicht zu denken.

29. Januar 2023

Auch unsere Nachbarn scheinen schlecht geschlafen zu haben. Ganz gerädert sehen sie aus. Sie reden mit dem Campinginhaber, denn auch sie sind betroffen vom Stromausfall. Dieser kontrolliert den Anschluss mit einer Glühbirne und siehe da, sie leuchtet, aber für Womos reicht halt der Saft nicht. Wie unsere Nachbarn, wechseln auch wir den Platz.

Manchmal stolzieren Pfaue über den Campingplatz.

Pfaue auf dem Campingplatz

Am Nachmittag fahren wir mit dem Campingtaxi in die Stadt Essaouira, das sind 24 km. Wir wollen uns den Fischmarkt und die Medina ansehen. Beim Fischmarkt halten wir uns gerade mal zehn Minuten auf, denn hier riecht es uns definitiv zu streng.

Fischerhafen Essaouira

Fischmarkt Essaouira

Also ab in die Medina! Und das ist ein wahres Eldorado für mich! Kleine Läden, soweit das Auge reicht und viele Restaurants und Cafés. Aber nicht nur mich ziehen die Läden in ihren Bann- auch Jörg lässt sich Intarsien-Schatullen und viele andere Kunstwerke aus Holz zeigen. Viel zu lange finde ich, denn ich will noch Ausschau halten nach Haremshosen. Und aufteilen wollen wir uns nicht, denn ob wir uns je wieder gefunden hätten, sei mal dahingestellt!

Medina von Essaouira

Das Keramikgeschirr, das man hier überall kaufen kann, gefällt mir wahnsinnig gut. Aber es ist halt so ganz und gar nicht geeignet für ein Leben im Wohnmobil, darum lasse ich den unglaublich schönen Teller mit orientalischen Ornamenten in Lapislazuli und Meeresgrün im Regal stehen und gehe tapfer weiter. Auch Jörg kann die Finger von einer wunderschönen Intarsien- Holzbox lassen.

Etwas Kleines aber gönne ich mir schon: Amber- Duftwürfel und Lippenstift. Über den Lippenstift freue ich mich wie ein kleines Kind! Ob du es glaubst, oder nicht: dieser Lippenstift ist quitschig- grün. Trägst du ihn auf den Lippen auf, wechselt er die Farbe von grün auf rosa, welches perfekt zu deinem Hautton passt! Magic pur sag ich dir! Und klar muss ich den haben! Hergestellt ist er aus natürlichen Pigmenten und Arganöl.

Bei den Frucht- und Gemüseständen will uns ein Junge Feigenkaktus zum Probieren geben. Gekonnt hantiert er mit einem Messer und überreicht mir die geschälte Frucht. Sie mundet mir sehr; süss und saftig ist sie, kernig und sehr erfrischend. Aber Vorsicht: Der Farbstoff der Früchte ist intensiv und färbt deine Hände rot, wenn sie damit in Berührung kommen. Vom vielen Laufen sind wir etwas müde geworden. Deshalb setzen wir uns in ein Strassencafé und bestellen einen Cappuccino und eine goldene Milch.

Punkt fünf, wie abgemacht, holt uns der Campinginhaber am vereinbarten Ort ab und bringt uns zurück zu unserem Wohnmobil.

30. Januar 2023

Neue Etappe: Von Ounagha fahren wir auf die N1 immer Richtung Agadir. (grössere orte: Tamanar, Tamri)Wir wollten nach Tamrhakht auf den Camping Atlantika in D’ Imouran, dieser ist aber ausgebucht, also weiter auf der N1 (Agadir umfahren wir) bis Sidi Bibi, dort biegen wir rechts ab Richtung Takat und checken auf dem gleichnamigen Campingplatz ein.

Koordinaten 30.2530, -9.5860

Jörg ist nicht gerade begeistert von unserem jetzigen Campingplatz, also beschliessen wir, weiterzufahren.

Die Olivenbäume werden abgelöst durch Arganbäume. Gestern noch hat uns der Taxifahrer den Unterschied von Olivenbäumen und Arganbäumen erklärt. Die sehen sich nämlich recht ähnlich, jedenfalls von ihrem äusseren Erscheinungsbild her. Das Laub der Arganbäume ist jedoch viel dunkler als das der Olivenbäume.

Wir machen unterwegs noch einen kurzen Halt in einer Frauen- Kooperation, wo Arganprodukte hergestellt werden. Die Dame zeigt uns viele Produkte, fordert uns auf, dies und das auf dem Handrücken einzureiben, bis wir bald keine leere Stelle mehr finden, verlassen dann mit fettigen Händen den Shop, ohne etwas gekauft zu haben, denn alles in allem sind die Produkte sehr teuer. Die Landschaft ist karg geworden. Karg, aber nicht uninteressant.

Auf dem Weg nach Takat

Unterwegs sehen wir tatsächlich Ziegen, welche Argannüsse von den Bäumen fressen. Alle paar Hundert Meter sitzen Männer unter einem Sonnenschirm und halten gefüllte Gläser und Flaschen in die Höhe. Sie wollen Arganprodukte verkaufen. Weil beim Arganshop unser Einkaufskorb leer blieb, kaufen wir einem alten Mann ein Glas Amlou ab.

Auch ein Berberhörnchen haben wir gesehen. Berberhörnchen sind grau und etwas kleiner als Eichhörnchen.

Wir müssen etwas umdisponieren, denn der Campingplatz, den wir angepeilt haben ist belegt, darum fahren wir nach Takat. Auch dieser Campingplatz ist voll, doch wir dürfen trotzdem hier die Nacht verbringen und morgen sollte etwas frei werden. Auf dem Campingplatz hat es viele ältere Paare, die hier den Winter verbringen.

31. Januar 2023

Es klopft an unsere Womotür. Es ist der Campinginhaber, welcher uns nun einen Platz zuweist, also parken wir um. Schnell sind wir wieder eingerichtet. Das Stromnetz auf diesem Campingplatz ist recht stabil. Nur das Wifi hält nicht das, was es verspricht, aber es geht ja auch einmal ohne. Das Preis- Leistungsverhältnis stimmt hier auf jeden Fall. Die sanitären Anlagen sind sauber, alles funktioniert. Überhaupt wirkt der ganze Platz einladend und gepflegt und nachts ist es absolut ruhig, nicht einmal einen Muezzin hört man hier. Zwar ist man schon recht eng aufeinander gepfercht, aber durch die abgrenzenden Hecken trotzdem etwas für sich. Ausser dem angenehmen Klima ist jedoch auf diesem Camping das typisch marokkanische fast nicht mehr spürbar. Wir sind hier ziemlich in der Pampa, und schon vermisse ich ein wenig das lebhafte, farbige, und nach Tajine duftende Marokko.

Jörg fühlt sich wohl und auch ich schätze es, dass alles so sauber ist, trotzdem ist es mir hier etwas zu bünzlihaft. Mit bünzlihaft meine ich, dass mir hier auf dem Campingplatz ein Phänomen auffällt, welches mir immer mal auffällt, wenn sich die Camper langweilen. Einer beginnt damit, sein Womo zu reinigen und dann geht’s nicht lange, haben alle Männer ringsum Schrubber und Wassereimer in den Händen und reinigen um die Wette. Die Frauen wiederum eilen zum Kühlschrank, holen Berge von Gemüse nach draussen und rüsten jetzt, was das Zeug hält! In solchen Momenten wünsche ich mir, mit dem Womo irgendwo allein zu stehen. Das ist aber in Marokko nicht erlaubt. Das wusste ich schon vor unserer Reise. Egal, ich muss ja nicht den ganzen Tag auf dem Campingplatz verbringen.

So machen wir uns irgendwann zu fuss auf den Weg zum Strand. Bis dahin sind es etwa 4 km, was uns viel länger vorkommt, denn es windet enorm stark und wir bekommen einen kleinen Vorgeschmack, wie es sein könnte, wenn man in einen Sandsturm gerät. Die Silhouetten der wenigen Bäume nehmen wir nur noch verschwommen war. Aber wir werden belohnt! Mit Sand in den Augen und im Mund, ja Mund, ich hätte weniger reden sollen, stehen wir jetzt am einsamen, leeren Strand. Glück pur!

Strand bei Takat

01. Februar 2023

Auch heute ist es recht windig, darum werkeln wir im Womo. Jörg am Womo, ich am Computer. Bereits seit vier Wochen sind wir nun mit dem Wohnmobil unterwegs. Ich habe mir diese Zeit gegönnt, um einfach einmal nichts zu tun. Von jetzt an will ich aber wieder etwas produktiver werden und am Computer entwerfen. Wie sich das mit dem Reisen vereinbaren lässt, wird sich zeigen.

Ein paar Schritte gehen wir aber dennoch laufen. Die Gegend hier ist schon sehr karg. Die Schafe und Ziegen scheinen aber immer noch etwas zu finden.

6 Antworten auf „-Essaouira, oder die Stadt des Windes“

Jetzt hast du mich ganz glustig auf das Almou gemacht 😆
Sehr schöner Bericht, macht richtig Spass zu lesen.

Weiterhin viel Spass und tolle Erlebnisse ❤️

So schön, euer Reisebericht! Man riecht förmlich die fremden Düfte und spürt den Wind in den Haaren! Ich beneide euch fast ein wenig!!! Nein, ich mag euch eure tollen Erlebnisse natürlich von Herzen gönnen❤️❤️ Und all die schönen Bilder, so farbenfroh, dass es einem warm ums Herz wird! Danke, dass ihr mich auf euer Abenteuer mitnehmt. Liebe Grüsse Maria.

In Essouira waren wir auch und die Ziegen auf den Bäumen haben wir auch gesehen! Ganz liebe Grüsse und weiterhin eine tolle Zeit! Charlotte

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