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Reisen

-Tiznit- Stadt des Silbers

10. Februar 2023

Es regnet in Strömen. Trotzdem wollen wir vom Meer einen Augenschein nehmen. Ausgerüstet mit Regenjacken und Schirm laufen wir zum Strand. Die verschiedenen Facetten des Meeres faszinieren uns immer wieder aufs Neue.
Es ist Ebbe und da gestern Vollmond war, ist der Wasserstand besonders tief. Viele mit grünen Algen überwachsene, bizarre Felsbrocken sind jetzt sichtbar und locken uns, diese zu erkunden. Wir entdecken massenhafte Anhäufungen von schwarzen Muscheln, aber alle nicht viel grösser als der Nagel eines Daumens. Ausser uns hat sich keine Menschenseele an den Strand verirrt. Wir schauen ins weite Meer hinaus. Erstaunt stellen wir fest, dass auch kein Fischerboot zu sehen ist. Ob für den Fischfang die Strömung zu stark ist? Wir wissen es nicht. Ein anderer Grund könnte sein, dass der Freitag für Muslime ein Ruhetag ist. Vielleicht wird ganz einfach deshalb nicht gefischt.
Ganz so lange halten wir es dann auch nicht aus am Strand. Zu stark weht der kühle, vom Meer herkommende Wind, und so machen wir uns auf den Heimweg.

Muschelbank

11. Februar 2023

Wie doch alles wieder voller Leben ist, wenn die Sonne scheint! Die Vögel pfeifen, die Menschen lachen und erzählen sich Geschichten und auch wir sind heute früher wach als sonst und machen uns noch vor dem Mittag auf den Weg zum Strand. Es ist wieder Ebbe. Wir beobachten einen Fischer, welcher den niedrigen Wasserstand nutzt, um seine Netze zu setzen. Bei der nächsten Ebbe wird er sie wieder an Land ziehen und kontrollieren, was die Flut ihm beschert hat.
Nach circa fünf Kilometer nehmen wir den Rückweg unter die Füsse. Gerade mal drei Menschen sind uns begegnet. Wenn du so am einsamen Strand entlangläufst, dem Wellenspiel zuschaust und nach schönem Strandgut Ausschau hältst, wirst du automatisch ganz ruhig. Du bist eins mit der Natur. Viel reden würde den Zauber, den diese Momente innehaben, zerstören. Alles hat seine Zeit, und jetzt wollen wir einfach nur der Natur lauschen und uns in ihren Bann ziehen lassen.
Übrigens, einen Strand, so endlos lang wie hier, haben wir beide vorher noch nirgendwo gesehen.

Strand Sidi Ouassay

12. Februar 2023

Noch einmal ausgiebig den Strand geniessen, das steht für heute auf unserem Programm, bevor wir morgen unser Domizil nach Tiznit verlegen.
Wir erblicken den Fischer von gestern, welcher jetzt sein Netz zusammenrollt. Die Ausbeute ist nicht riesig, aber für zwei, drei Familien wird es für eine Fischmahlzeit reichen.
Wir sehen auch eine ältere Frau, weit über siebzig Jahre, welche nach Muscheln sucht. Für diesen Zweck hat sie extra eine kleine Gartenhacke mitgebracht. Immer, wenn die Wellen zurückfliessen, sucht sie wie wild mit der Hacke nach diesen Dingern, und wenn sie etwas findet, legt sie sie zu den anderen Muscheln, welche sie in einer Petflasche sammelt. Diese hat sie sich mit einem Gürtel um die Hüfte geschnallt. Die Freude an ihrer Beschäftigung sieht man ihr an und trotz ihres Alters bewegt sie sich flink und sicher in den Wellen. Es sieht beinahe so aus, als ob sie tanzen würde, so anmutig sind ihre Bewegungen. Ob es abends bei ihr eine Spaghetti mit Muschelsauce geben wird? Oder eine Paella? Wäre sie nicht so in ihrem Element gewesen, hätte ich sie gerne gefragt, aber es wäre falsch gewesen, sie zu stören.

13. Februar 2023

Vom Campingplatz Sidi Wassay Beach gehen wir auf die N1 zurück und fahren Richtung Tiznit. 5km vor Tiznit peilen wir den Campingplatz Riad Maissa an, weil die näher an Tiznit gelegenen Campingplätze alle belegt sind. Von Sidi Wassay Beach bis zu diesem Campingplatz sind es circa 50 km.

Koordinaten Campingplatz Riad Maissa: 29.7315, -9.6979

Die heutige Etappe ist kurz; nämlich bloss 50 km. Wir treffen um 13 Uhr auf dem Campingplatz Riad Maissa ein. Das ist ein neuerer Campingplatz und so einiges ist nicht fertig gestellt. Aber der Eingang mit den grossen Kamelen sieht einladend aus. Wir suchen uns ein schönes Plätzchen und schon erblicke ich bei den sanitären Anlagen zwei Waschmaschinen. Für mich steht fest: heute wird gewaschen! Ich kann es nicht ausstehen, wenn der Schmutz- Wäscheberg im Schrank Dimensionen annimmt, so dass sich die Türe nicht mehr schliessen lässt. Eine der Waschmaschinen ist defekt, aber mit der zweiten habe ich Glück! Nach vierzig Minuten ist der erste Sud fertig. Jetzt aber windet es. Zum Wäsche trocknen im Normalfall ideale Bedingungen, aber was wir jetzt erleben, sind richtige Sturmböen, so dass es die Wäschestücke mehrmals um die Leine schlägt. Jörg und ich haben alle Hände voll zu tun mit Wäsche entwirren, und gleichzeitig müssen wir auf der Hut sein, dass uns die Badetücher und überhaupt alles nicht durch die Lüfte fliegt! Ich ärgere mich, dass ich mich von meinen uralten, holzigen Wäscheklammern getrennt habe. Die habe ich anno Domini von meiner Grossmutter geerbt und wären jetzt Gold wert gewesen. Die hätten unseren Kleidern Stand gehalten! Stattdessen fahren unsere Wäschestücke an der Leine bei jedem Windstoss von links nach rechts und wieder zurück! Diese Plastikdinger sind keinen Deut wert!
Jetzt hängt alles mehr schlecht als recht, aber uns bleibt nichts anderes übrig, als alle paar Minuten nachzusehen, ob noch alles dort hängt, wo es hängen soll oder ob Jörgs Lieblings- Batman- Unterhose bereits an einer Palme weht.
(Unter uns gesagt: was hätte ich dafür gegeben, wenn mir das Glück hold gewesen wäre!)
Oha, nun haben wir doch zu lange gewartet! Einer der Bettanzüge hat sich an einem Hacken verfangen und hängt jetzt in Fetzen an der Leine! Und die Batman- Unterhose flattert unbeschädigt und friedlich vor sich hin. Ärgerlich! (Wie ist das jetzt nochmal? Gott straft sofort?)

Valentinstag 2023

Jörg sagt, er werde an der Reception nach einem Taxi fragen, weil wir in die Stadt gehen wollen. Das finde ich eine gute Idee. So mache ich in der Zwischenzeit im Womo den Abwasch, lege Wäsche zusammen, räume auf, putze dies und jenes und warte und warte. Wo steckt er den bloss, denke ich. Jetzt kommt er zurück und erzählt mir, dass er ein interessantes Gespräch mit einem französischen Camper hatte, einem passionierten Fliegenfischer. Dieser hätte ihm seine selbstgebundenen Fliegen gezeigt. Eins musst du wissen: wenn sich zwei Fliegenfischer treffen, kann alles andere auf der Welt warten, dann ist fachsimpeln angesagt! Und wenn der eine Fischer zum anderen sagt: Ich zeige dir noch kurz meine selbstgebundenen Fliegen, dann ist das etwa so, wie wenn eine Frau sagen würde, sie ginge noch kurz shoppen.
Nun muss ich mich sputen; der Campinginhaber hat ein paar Besorgungen zu machen und nimmt uns mit in die Stadt.
Es regnet in Strömen. Der Fahrer erzählt uns, dass sie in dieser Gegend im Jahr bloss zehn Regentage hätten.
Die fünf Kilometer lange Stadtmauer ist nicht zu übersehen. Dahinter befindet sich die Altstadt mit den Marktständen und den Souks. So schlendern wir durch die Gassen und entdecken einen Silberschmuckladen um den anderen. Tiznit wird auch die Stadt des Silbers genannt. Wir erfahren, dass hier die Silberschmiedekunst eine lange Tradition hat und dass es Menschen mit jüdischem Glauben waren, welche die Stadt berühmt gemacht hätten mit ihren Silberarbeiten.
Die Schmuckstücke in den Vitrinen sind unglaublich schön! Armreifen wie aus tausendundeiner Nacht, emailliert oder mit Türkisen besetzt! Fingerringe, wie ich sie noch nie gesehen habe! Es funkelt und glitzert von allen Seiten! Plötzlich habe ich eine Idee: Jörg wollte mir auf den letzten Geburtstag Ohrringe schenken mit Rubinen, welche er vor über 35 Jahren im goldenen Dreieck gekauft hat. Eine abenteuerliche Reise muss das damals gewesen sein, da dieses Gebiet zu dieser Zeit noch nicht so gut erschlossen war. So wollte er nun die besagten Steine in Ohrringe fassen lassen und mir zum Geburtstag schenken. Aber es stellte sich heraus, dass es in der Schweiz recht schwierig ist, einen Bijoutier zu finden, welcher bereit ist, die ungleich grossen Steine zu einem halbwegs erschwinglichen Preis zu verarbeiten. Also sagte mir mein lieber Schatz, dass aufgeschoben nicht aufgehoben sei, und dass wir die Rubine einfach mit auf Reisen nehmen würden. Bestimmt ergäbe sich im Ausland eine Gelegenheit, die Idee umzusetzen.
Jetzt sind wir also in der Stadt des Silbers. Wäre es da nicht naheliegend, dass..Ich gestehe, ich helfe meinem Glück ein wenig nach und beteuere Jörg, wie doch der Schmuck hier so schön sei, wie wahnsinnig raffiniert doch die Ohrringe verarbeitet seien. Doch leider klingelt es bei ihm nicht und ausser ein: «Jo es het schöni Sache do», passiert gar nichts. Ich muss also konkreter werden und frage ihn, was er von dem Gedanken halte, die Rubine hier fassen zu lassen. Das findet er eine grossartige Idee und so kommen wir mit einem Bijoutier ins Gespräch. Dieser erklärt uns, dass er das nicht machen könne, also wollen wir einen anderen aufsuchen. Auf dem Weg dorthin spricht uns ein junger Mann an. Dieser sagt, dass er uns zu einem Silberschmied begleiten könne. Warum auch nicht, denken wir und folgen ihm. Später erfahren wir, dass viele junge Männer hier als Schlepper arbeiten und die Touristen zu Händlern führen. Es spielt keine Rolle; auch sie müssen ihre Brötchen verdienen.
Nun sind wir also beim Silberschmied angekommen und wir unterbreiten ihm unser Anliegen. Wir erklären, dass wir die Steine jetzt nicht dabeihätten, diese aber morgen, sollte sich ein Deal ergeben, vorbeibringen würden. Er ist sehr interessiert an einem Auftrag und zeigt uns, was möglich wäre. Ich entscheide mich für Ohrringe mit der Hand Fatimas. Die gefallen mir besonders gut. Fatimas Hand soll dich vor allem Bösen schützen und bestückt mit Jörgs Rubinen, welche seine Liebe symbolisieren sollen, kann mir ja so gut wie gar nichts mehr passieren! Ich bin richtig happy und kann es kaum erwarten, die Dinger zu tragen! Was für ein Valentinstag! Das Leben meint es gut mit mir! Und ich habe den besten Mann von allen! (Notabene: wäre er natürlich auch, wenn es keine Ohrringe geben würde!!!)

Schmuckladen in Tiznit

15. Februar 2023

Es regnet ununterbrochen. Aber wir haben um 13 Uhr einen wichtigen Termin in der Stadt, deshalb ziehen wir wettertaugliche Kleider an und laufen Richtung Reception und auch diesmal haben wir das Glück, dass wir mit einem Angestellten des Campings mitfahren dürfen.
Vor zwei Tagen erst fuhren wir an ausgetrockneten Flussbetten vorbei. Heute sehen wir, dass die Bäche eine Menge Wasser führen.
In der Stadt verabschieden wir uns vom Fahrer und laufen zu unserem Silberschmied in die Altstadt. Dort angekommen zeigen wir einem Angestellten unsere Rubine und dieser macht sich sogleich an die Arbeit. Ein weiterer Angestellter weiht uns jetzt in die Silberschmiedekunst ein. Er erzählt uns, dass die Tuareg anderen Schmuck tragen als die Berber, erklärt uns die Bedeutung einzelner Symbole und zeigt uns die Unterschiede auf zwischen echtem Kunst- Handwerk und Massenproduktion. Mich faszinieren die Materialkombinationen einzelner Schmuckstücke. So werden hier Kettenanhänger aus Silber, Zedern,- und Ebenholz gefertigt, Schmuckstücke, welche eher für Männer gedacht sind, aber auch Silber- Armreifen, kombiniert mit Messing und Kupfer. Wir lauschen dem Verkäufer und schlürfen Berberwhisky (Minzentee ) dazu. Jetzt gibt er uns eine Schale, damit wir denjenigen Schmuck, den wir kaufen möchten, in die Schale legen können. Geschäftstüchtig sind sie ja, die Tizniter Bijoutiers! Einen Armreifen mit gehämmertem Muster lege ich dann tatsächlich noch in die Schale!
Nun sind auch meine Fatima- Ohrringe fertig geworden und ich bin sehr glücklich damit, denn die Rubine sind sauber gefasst und überhaupt sind sie noch viel schöner geworden, als ich sie mir vorgestellt habe. Für die Ohrringe und den Armreifen bezahlen wir gerade mal 600 Dirham, also circa 60 Schweizer Franken.

Fatima- Hand -Ohrringe

8 Antworten auf „-Tiznit- Stadt des Silbers“

Sabine,das ist wieder ein super Blog,den lch wieder mit grossem Interessegelesen habe.Ich kann mich nur den Wünschen von Charlotte anschliessen und hoffe auch,dass deine Berichte mal in Buchform zu lesen sind.Ich wünsche euch noch viele spannende Erlebnisse. Liebe fasnächtlich Grüsse aus der Schweiz.Papi

Lieber Papi, es freut mich wirklich riesig, dass du meine Blogbeiträge so gerne liest! Das mit dem Buch ist eigentlich (noch) nicht vorgesehen- es soll einfach eine Art Reisetagebuch werden und wenn andere das auch gerne lesen, dann freut uns das natürlich sehr!
Lieber Gruß ond häbs guet!
Sabine und Jörg

Es ist so toll zu lesen was ihr alles erlebt! Sabine, du bist eine so begabte Autorin du solltest mal ein Buch schreiben! Ich freue mich schon auf die nächsten Berichte!
Charlottr

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