23. März 2023
Was wir heute vorhaben, liegt auf der Hand. Wir wollen nach England und den Rock of Gibraltar erklimmen (Gibraltar ist ein britisches Überseegebiet, das auf einer Landzunge an der Südküste Spaniens liegt). Wobei, das ist jetzt etwas übertrieben. Wir sind wahrlich nicht die Hardcore- Wanderer. Nichtsdestotrotz sparen wir uns das Geld für die Seilbahn und erwandern das Naturreservoir Uper Rock zu fuss. Für ein Eintrittspreis von 16 englischen Pfund pro Person, dürfen wir alle Sehenswürdigkeiten betreten und besichtigen, angefangen beim Moorish Castle, dann folgen die 2. Weltkriegstunnel, welche jedoch momentan geschlossen sind. Schliesslich betreten wir die grossen Belagerungstunnel von 1783 (Great Siege Tunnel).
Great Siege Tunnel
Viele Schweissperlen später, erreichen wir die Sankt Michaelshöhle, welche überhaupt der Grund ist, weshalb wir diese Wanderung machen und uns am meisten interessiert. Vor zwei Jahren waren wir ebenfalls in Gibraltar. Da liessen wir uns mit der Seilbahn zur Endstation bringen (412m ü. M), weil wir da den Berberaffen einen Besuch abstatten wollten. Die Zeit verflog im Nu und es blieb keine Zeit mehr, die Michaelshöhle zu besuchen, obwohl uns diese sehr interessiert hätte. Jetzt holen wir das nach. Zum Glück, denn wir sind begeistert von der Grösse und Schönheit dieser Höhle! Dazu trägt auch eine Licht- und Toninstallation bei. Vorgängig war ich etwas skeptisch, was die Lichtinstallation anbelangt und dachte, dass dadurch wohl die natürliche Schönheit der Stalaktiten und Stalagmiten etwas in den Hintergrund geraten würde. Was wir jetzt aber sehen, lässt uns sprachlos werden! Die natürlichen Kalkstein- Formationen werden mit den Lichtinstallationen zusätzlich untermalt und lassen dich in eine geheimnisvolle Welt eintauchen. Die sphärische Musik trägt ihren Teil dazu bei. Überhaupt ist die Akustik in dieser Höhle ausserordentlich gut, weshalb hier oft Konzerte abgehalten werden. Bis zu 100 Menschen finden in der Haupthöhle Platz. Zwischendurch werden die Effekte weggelassen und so zeigen sich uns die Stalaktiten und Stalagmiten in ihrer ganz natürlichen Erscheinung.
Der Engel der St. Michaelshöhle
St.Michaelshöhle
Wie sind denn eigentlich die Berberaffen nach Gibraltar gekommen? Dazu lesen wir, dass man lange glaubte, dass die Sankt Michaelshöhle bodenlos sei. Eine Legende sagt, dass der Fels von Gibraltar durch einen unterirdischen Weg unter der Meeresenge mit Afrika verbunden sei und die Berberaffen durch diesen Gang von Afrika nach Gibraltar gekommen seien. Diese Vorstellung gefällt uns!
Berberaffe geniesst die Aussicht
Der Rückweg führt uns über die 70 m lange Windsor Hängebrücke und bald folgt die Librarytreppe, welche uns hinunter in die Stadt führt.
Windsor- Brücke
Jetzt haben wir uns ein feines Nachtessen verdient! Und was isst man in England? Natürlich Fish and Chips!
Laut Gesundheitsapp von meinem Iphone sind wir heute 15.3 km mit insgesamt 31 Stockwerken gelaufen. Das ist doch gar nicht schlecht und wir sind fast ein wenig stolz auf unsere Leistung! Wenn das so weitergeht, sind wir in einem halben Jahr fit wie Turnschuhe!
24. März 2023
Ich mag das, wenn du am Morgen vom Kreischen der Möwen geweckt wirst. Das ist heute der Fall, weil sich unser Stellplatz nah an einem Jachthafen befindet. Von Möwen sagt man, dass sie die Seelenträger seien von den Seefahrern, welche auf dem weiten Meer ihr Leben lassen mussten. Für Seefahrer galt die Möwe auch als Fang- und Wettervorhersager. Dies und noch vieles mehr geht mir durch den Kopf, während das Gekreische immer lauter wird und ich dann schlussendlich aufstehe.
Die letzten drei Monate haben wir enorm viel erlebt. Oft verweilten wir nicht länger als ein Tag an einem Ort und schon zog es uns weiter. Heute aber haben wir das Bedürfnis, uns etwas zu sammeln, das Erlebte zu sortieren und überhaupt, den Tag etwas langsamer anzugehen. Darum beschliessen wir, dass wir erst morgen aufbrechen. Das müssen wir dann aber, denn hier, auf dem La Linea de la Conception- Stellplatz vor Gibraltar, dürfen wir uns maximal 72 Stunden niederlassen.
Wir erledigen dies und jenes, laufen nochmals durch die Einkaufsstrasse von Gibraltar, gönnen uns ein Eis und später auch noch Fish and Chips mit einem kühlen San Miguel Bier, fast genauso wie gestern. Es ist schon verrückt, wie in dieser kleinen Stadt die britische Lebensart spürbar ist und gelebt wird. Wir bezahlen unser Essen und laufen nun heimwärts. Schade nur, dass es auch heute zeitlich nicht aufgeht, ein Flugzeug im Landeanflug vor die Linse zu bekommen. Der Flughafen von Gibraltar ist nämlich spektakulär: Hier kreuzen sich die Hauptverkehrsstrasse und die Landebahn des Airports. Wenn jetzt ein Flugzeug startet oder landet, steht der übrige Verkehr für etwa zehn Minuten still, denn die einzige Strasse ins Überseegebiet verläuft tatsächlich über die Piste.
Weil wir morgen weiterziehen, machen wir gleich noch die Ver- und Entsorgung, denn morgens, wenn alle weiterfahren wollen, herrscht da ein reger Betrieb. Jetzt können wir alles in Ruhe erledigen und können dann aufbrechen, wann immer wir wollen.
25. März 2023
Kurz vor 11 Uhr bezahlen wir den Stellplatz (42 Euro für 3 Nächte) und brechen anschliessend auf.
Neue Etappe:
Wir verlassen La Linea de la Conception und fahren auf die A7 Richtung Marbella. Kurz nach Sotogrande sehen wir einen Stellplatz, welchen wir spontan anfahren (circa 25km)
Koordinaten Stellplatz San Diego:
36.3107, – 5.2605
Wir fahren nicht weit, denn wir sehen einen Stellplatz, welcher uns sehr gefällt. Jörg hat diesen Platz vorgängig schon auf Park4night gesehen, dort schneidet dieser nicht so gut ab. Es wird bemängelt, dass er staubig, und der Boden, wenn es regnet, matschig sei. Wir sehen ihn beim Durchfahren von der Strasse aus, und er sieht phantastisch aus. Also wenden wir bei der erstbesten Gelegenheit und fahren ihn an. Das mit dem Staub nehmen wir in Kauf und das Wetter soll gut bleiben, dann kann es auch nicht matschig werden. Na ja, weit gekommen sind wir heute nicht; gerade mal 25 km sind wir gefahren und so sehen wir den Rock of Gibraltar und auch die Berg-Silhouetten von Nordafrika immer noch, wenn auch aus der Ferne.
Im Hintergrund der Rock of Gibraltar und Afrika
Jörg parkt unsere Kutsche und gleich darauf werden kurze Hosen und Badeschlarpen montiert und ab geht’s an den Strand! Hier gefällt es uns! Die Felsformationen sind einzigartig und sehen etwas aus wie überdimensionierte Naturschwämme.
Einzigartige Felsformation
Wir sehen einigen Spaniern beim Fischen zu. Einer von ihnen fängt tatsächlich etwas; nichts Grosses, aber immerhin!
Wir angeln uns unsere Bücher, holen unsere Liegestühle aus dem Aussenfach und laufen wieder zum Strand. Weil es Samstag ist, verbringen viele Spanier das Wochenende an diesem schönen Fleckchen und anhand des hohen Lärmpegels wird uns bewusst, dass wir uns definitiv nicht mehr in Marokko an einem einsamen Strand befinden. Unser Umfeld erscheint uns hektisch und unruhig und vor allem ich bin wohl etwas lärmempfindlich geworden, denn das laute Palaver einer Spanierin hinter mir gibt mir plötzlich so auf den Kecks, dass ich beschliesse, dass ich ihr noch genau fünf Minuten gebe. Sollte sie sich bis dahin von ihrem Sprechdurchfall nicht erholt haben, ziehe ich mich ins Womo zurück. Es würde nämlich auch nichts bringen, den Liegestuhl 50 m zu verschieben, denn ihr Geplapper, welches wie aus einem Maschinengewehr ohne Punkt und Komma geschossen kommt, wäre auch da noch zu hören gewesen. Überhaupt gerät sie erst jetzt richtig in Fahrt und so kommt es, wie es kommen musste, wir räumen unsere sieben Sachen zusammen und verziehen uns in unsere Kutsche. Eigentlich müssen wir der lautstarken Spanierin dankbar sein, denn im Womo stellen wir fest, dass unsere Haut ziemlich gerötet ist. Sie hat uns tatsächlich vor einem heftigen Sonnenbrand bewahrt!
Die Nacht ist erstaunlich ruhig. Das hätten wir nicht erwartet. Wir dachten, die lauten Unterhaltungen würden sich nun vor den Womos bis tief in die Nacht hinziehen. Aber nichts dergleichen geschieht! Irgendeinmal werden also auch die Spanier müde von ihrem Geschnatter und der viele Alkohol trägt bestimmt auch noch etwas dazu bei, dass jetzt alles so schön ruhig ist und alle still vor sich her dösen.
26. März 2023
Sie schlafen lange, die Spanier, darum ist es auch morgens bis fast mittags schön ruhig und friedlich auf unserem Platz. Nicht einmal ihre Hunde bellen, und so bleiben auch wir heute etwas länger liegen, schliesslich ist Sonntag!
Jetzt sitzen wir beim Frühstück und geniessen die Aussicht auf das weite Meer und ohne uns abzusprechen ist für uns beide klar, dass wir einen weiteren Tag hier verweilen wollen.
Wir laufen kurz nach dem Mittag ins nahegelegene Dörfchen und essen eine Kleinigkeit. Es ist heiss geworden, aber zum Glück weht ein angenehmes Lüftchen. Wir laufen ins Womo zurück und erledigen noch dies und jenes.
Abends laufen wir wieder zur Bucht. Wie anders das Mittelmeer doch ist! Und jetzt, wo die meisten Menschen den Strand verlassen haben, finden wir wieder diese Stimmung vor, wie wir sie mögen, wenn nur noch das leise Rauschen der Wellen zu hören ist. Ja, ja, weit weg hört man schon noch Autos vorbeibrausen, aber das blenden wir jetzt aus. Und weil wir jetzt mit uns und der Welt so richtig zufrieden sind, beschliessen wir, dass wir auch morgen nicht weiterziehen und diesen schönen Landstrich noch etwas länger als unseren Garten betrachten. Das Schöne an diesem Garten ist, dass wir ihn einfach so geniessen dürfen. Ich muss ihn weder jäten noch Rasen mähen, nein, wir dürfen uns einfach nur an ihm erfreuen!
27. März 2023
Unser Kühlschrank gähnt vor Leere, also machen wir uns zu Fuss auf ins Dörfchen und decken uns mit Lebensmitteln ein. Viel mehr unternehmen wir für heute nicht, gibt es doch noch ein paar Bürosachen, die darauf warten, von uns erledigt zu werden. Aber jetzt sind wir mit all den Sachen durch, die Steuererklärung ist erledigt, die Zahlungen gemacht, und nun steht einem kurzen Strandspaziergang nichts mehr im Wege.
Jetzt koche ich uns etwas aus den Leckereien, die wir im Dorf besorgt haben. Es gibt Poulet-Spiesse mit Peperoni, Butternudeln, im Olivenöl gebratene Aubergine und ein San Miguel Bier gibt’s auch noch dazu.
28. März 2023
Die Luft hat sich auf eine angenehme Temperatur abgekühlt, ideal, um unsere Kutsche wieder einmal auf Vordermann zu bringen. Genau- heute ist Putzen angesagt. Nicht, dass ich unser Womo nie reinigen würde, nein, aber weil wir die letzte Zeit beinahe täglich weiterzogen, ging diese Beschäftigung immer etwas schnell über die Bühne. Heute soll unser Kutschchen wieder vor Sauberkeit strahlen! Ich klopfe die Teppiche aus, sauge den Boden und wische ihn feucht, dann werden alle Oberflächen vom Staub befreit, und um wieder klar zu sehen, bekommen auch die Spiegel eine Oberflächenbehandlung. Jörg versucht gleichzeitig, unsere Grauwasser- Pumpe wieder in Gang zu bringen. Die will nämlich seit ein paar Wochen nicht mehr arbeiten und wir wissen nicht so genau, an was es liegen mag. Es ist nicht so tragisch, wenn diese nicht funktioniert, aber wir finden, wenn man eine solche hat, sollte man sie auch nutzen können. Blöd ist nur, dass Jörg ausgerechnet jetzt, wo ich am Putzen bin, dem Fehler auf die Schliche kommen will und natürlich ist er mir ständig im Weg, respektiv ich ihm, denn die Luke, wo er jetzt arbeiten muss, befindet sich mitten im Womogang.
Er ist gerade wahnsinnig motiviert und meint, er käme der Sache langsam auf die Spur. Also putze und wedle ich um ihn herum. Aber eins ist klar: Bei der nächsten grossen Reinigungsaktion schicke ich ihn mit irgendeiner Aufgabe weit, weit weg!!
Fazit nach einer Stunde: Sonnenbrille aufsetzen ist angesagt, denn das Womo strahlt wie die Frühlingssonne, die Grauwasser- Pumpe streikt aber immer noch! Es wird uns wohl nichts anderes übrig bleiben, als einmal mit diesem Problem in einer Womogarage vorzufahren. Aber erst, wenn wir wieder in Helvetien sind.
29. März 2023
Schon vier Tage verbringen wir an diesem Plätzchen direkt am Meer und auch heute geben wir unserer Kutsche einen weiteren Tag frei. Warum auch weiterziehen, wenn’s hier doch passt! Genau das wollten wir ja; möglichst viel freistehen und das können wir zum Glück mit unserem Gefährt und hier an der Cala Sardina ist es unter der Woche ruhig und friedlich.
Noch etwas zur Stadt San Roque, wo wir durchfuhren und sich jetzt in unmittelbarer Nähe von uns befindet: Diese Stadt entstand aus einer Flucht der Spanier, welche Gibraltar nach der britischen Besetzung verliessen. Sie nahmen nur das nötigste mit, aber sie nahmen ihren Glauben sprichwörtlich auf den Rücken und bewahren bis heute viele religiöse Gegenstände und Dokumentation vom Felsen auf, der der Ursprung ihrer Geschichte ist. 1706 verwandelte Philipp V. San Roque «zur Stadt, in der Gibraltar weiterlebt», eine Entscheidung, die zum Stadtmotto geworden ist. Sie ist auf eine Kachel geschrieben und begrüsst so alle, die in die Stadt kommen.