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Reisen

-Faszination des Breitengrades 66° 33′ 55″

17. August 2023

Neue Etappe:

Bei Hauknes fahren wir zurück auf die E6 Richtung Norden. Nach etwa 8km nach Storforshei, parkieren wir auf einem Wanderparkplatz.

Koordinaten Wanderparkplatz:

66.5021, 14.9006

Auf dem Weg zu unserer neuen Bleibe legen wir ungefähr auf halber Strecke einen Halt bei einem Silberschmied ein. Schon vor fünf Jahren besuchten wir diesen alten Mann. Wie damals stellen wir auch heute den rechten Blinker, denn das alte Holz- Häuschen mit dem überwachsenen Dach zieht uns magisch an. Wir parkieren unser Womo, steigen aus und laufen Richtung Haus. Ein Lama beobachtet uns neugierig aus seinem Gehege. Die Tür des Hauses ist bloss angelehnt. Wir öffnen sie und treten ein. In einer Ecke sitzt der Schmied und arbeitet ruhig und in Gedanken versunken an einem Schmuckstück. Genau wie vor fünf Jahren habe ich das Gefühl, Gandalf aus der Filmreihe Herr der Ringe in die Augen zu blicken, denn er sieht ihm zum Verwechseln ähnlich. Sein langes, weissen Haar und die runzlige Haut im Gesicht lassen erahnen, dass die Zahl seines Alters bald drei Ziffern benötigt. Er begrüsst uns und wir deuten ihm, dass wir uns gerne umsehen möchten. So steigen wir die knarrende Holztreppe hoch und schauen uns um. Die Entspannungsmusik im Hintergrund und die Wärme in diesem Haus schaffen eine wohlige Atmosphäre. Die Schmuckauswahl ist wahrlich nicht riesig, und eigentlich sind wir auch gar nicht deswegen hier. Weshalb denn überhaupt? Wir wissen es selbst nicht genau. Vielleicht, weil es hier so gemütlich und friedlich ist. Nach unserem Rundgang steigen wir wieder die Treppe runter und verabschieden uns. Ob wir Gandalf jemals wiedersehen werden?

Beim Silberschmied an der E 6

Wir fahren gemütlich weiter. Geplant war, dass wir beim Polarkreiszentrum parkieren werden, doch ganz zufällig entdecken wir unterwegs einen schönen Parkplatz. Perfekt, um zu bleiben! Wir befinden uns nahe am Fluss Ranelva und von hier kann man wunderbar wandern gehen. Wir beschliessen, die Bredekrunde zu machen. Dieser Rundweg soll etwas mehr als 8 Km lang sein und setzt eine gute Kondition voraus. Wir glauben, diese Voraussetzungen zu erfüllen und machen uns sogleich auf den Weg. Der Weg ist gut ausgeschildert und einfach nur traumhaft schön. Es duftet fein nach Moos, feuchtem Waldboden, Heidepflanzen und nach Pilzen. Apropos Pilze: noch nie haben wir so viele gesehen wie auf dieser Wanderung! Und siehe da: da leuchten uns am Wegrand gar welche der gelborangen Sorte entgegen! Es besteht kein Zweifel, es sind Pfifferlinge (Eierschwämme).

Pfifferlinge

Wir sehen uns um und entdecken noch weitere. Vorsichtig pflücken wir sie. Wir laufen weiter und sehen noch ganz viele. Weil man Pfifferlinge schlecht trocknen kann, nehmen wir nur so viele mit, wie wir heute und morgen essen können. Der Wanderweg geht manchmal steil aufwärts und dann wieder steil runter. Insgesamt vier Hängebrücken überqueren wir.

Diese Wanderung hat es schon etwas in sich. Einerseits wunderschön, aber andererseits doch etwas strenger, als ich es mir vorgestellt habe. Vielleicht sind wir doch nicht ganz so trainiert, wie ich dachte, obwohl wir im letzten halben Jahr vergleichsweise sehr viel mehr auf den Beinen waren wie in den Jahren zuvor, jedenfalls kriege ich allmählich müde Beine und auch die Kraft lässt etwas nach. Bei manch steilen Passagen verfluche ich gar das Wandern, obwohl die Idee, diesen Rundweg unter die Füsse zu nehmen, von mir stammt. Und Jörg? Zu meinem Erstaunen schwärmt er ununterbrochen von diesem schönen Weg und ist ganz entzückt davon. Von Müdigkeit keine Spur! Wie kann das bloss sein? Mein Wandermuffel blüht förmlich auf! Das sind ja ganz neue Allüren! Natürlich entgeht ihm nicht, dass ich etwas mit mir zu kämpfen habe, darum bietet er mir grosszügig an, seine Schuhe tragen zu dürfen. Auf seine Raichle Schuhe schwört er, seit ich ihn kenne. Er meint, dass es mir mit diesen viel besser gehen würde. Darauf verzichte ich aber gerne. Am Schuhwerk kann es nicht liegen, schliesslich habe ich extra ein paar bequeme Trekking- Schuhe angezogen und die passen wie angegossen. Ich gebe es ungern zu, aber es scheint tatsächlich an mangelnder Kondition zu liegen.

Auf einer Wanderapp sehe ich, dass wir es bald geschafft haben, also sammle ich mich kurz und nehme jetzt voller Tatendrang das letzte Stück in Angriff. Müde, aber glücklich, erreichen wir unser Womo. Noch können wir uns nicht zurücklehnen und Feierabend machen, denn nun geht’s ans Pilze putzen, und dazu bewährt sich ein Pinsel ganz gut. Mit etwas Zwiebeln und Gewürzen brate ich einen Teil davon an und gebe etwas Rahm und Bratensauce dazu. Über einer anderen Gasflamme kocht bereits Reis in einer Pfanne, den ich etwas später zur Pilzsauce serviere. Die andere Hälfte der Pilze wird morgen verarbeitet.

18. August 2023

Es wäre schade, wenn wir diesen schönen Platz schon heute verlassen würden. Wir haben Lust, nochmals in die Pilze zu gehen, weil uns die Pfifferlinge so geschmeckt haben. Darum bleiben wir einen weiteren Tag am Ranelva- Fluss stehen und machen uns nach dem Mittag parat für unseren Waldspaziergang. Jörg findet ein Pfifferlingsnest von mindestens 15 Stück und etwas später werde auch ich fündig. Im Nu ist unsere Papiertüte gefüllt und wir machen uns auf den Heimweg. Es herrschen angenehme Temperaturen, so dass wir draussen vor dem Womo unsere Pilze rüsten können.

Zum Abendessen gibt’s Hackfleischbällchen und Bratkartoffeln mit Pfifferlingen. Nur schade, dass wir keine Speckwürfel mit dabeihaben, um unter die Kartoffeln zu geben; das wäre noch das Tüpfchen auf dem i gewesen. Aber sie sind auch so sehr lecker. Jedenfalls muss ich mir noch weitere Rezepte mit Pfifferlingen überlegen, denn wir werden bestimmt bald wieder Pilze sammeln gehen, weil es unglaublich Spass macht, durch den Wald zu streifen und nach der gelben Delikatesse Ausschau zu halten!

19. August 2023

Neue Etappe:

Wir verlassen den wunderschönen Wanderparkplatz und fahren zurück auf die E6 und folgen dieser bis zum Arctic Circle Center in Saltfjellveien, wo wir auf dem Parkplatz parkieren.

Koordinaten des Parkplatzes beim Arctic Circle Center in Saltfjellveien:

66.5513, 15.3212

Nun haben wir sie wieder einmal erreicht, die unsichtbare Linie, die Norwegen in zwei Teile teilt. In grossen Ziffern steht die magische Zahl 66° 33′ auf dem Dach des Polarkreiszentrums geschrieben. Jene Zahl, die die Linie des Polarkreises markiert.

Nördlich dieses Kreises steht die Sonne im Sommer 24 Stunden am Tag am Himmel und im Winter ist es immer dunkel. Anders als in unseren Ferien in Skandinavien, bringen wir diesmal Zeit mit. Zeit, die Gegend am Polarkreis zu Fuss zu entdecken. Zuerst aber statten wir dem Polarkreiszenter einen Besuch ab. Viel verändert hat sich beim Souvenirshop nicht. Das Sortiment ist in etwa dasselbe wie bei unseren Besuchen zuvor, aber das macht nichts, denn wir haben eh nicht vor, etwas zu kaufen. Wir verlassen das Zenter und laufen nun entlang der schönen Wege durch die karge Landschaft und natürlich darf auch ein Foto bei der Polarkreismarkierung nicht fehlen!

Noch immer haben wir kein einziges Rentier gesichtet! Andere Jahre war das anders. Wo stecken die denn bloss? Immerhin haben wir auf unserer Reise einen jungen Elch beobachten können. Das ist auch nicht schlecht. Trotzdem hoffe ich, auch noch Santa Claus Gehilfen anzutreffen, denn die finde ich einfach drollig!

Wir laufen eine ganze Weile über Stock und Stein. Diese karge Landschaft hat definitiv ihren Reiz und das Wetter ist bombastisch!

Wir sind nicht die einzigen Schweizer am Polarkreis; ein älterer Herr aus Basel steht mit seinem Wohnmobil gleich neben uns und auch ein Paar aus dem Thurgau findet den Weg hierher.

20. August 2023

Das Wetter hält sich immer noch; es ist zwar etwas windig, aber immerhin sonnig. Wir wollen auch heute durch die Gegend streifen und laufen jetzt durch die hüglige Landschaft, die vorwiegend trocken ist und dann plötzlich wieder sumpfige Abschnitte aufweist. Da und dort hat es winzige Seen. Auf einer Anhöhe setzen wir uns auf einen grossen Stein und schauen uns um. In weiter Ferne tauchen plötzlich fünf Rentiere auf, was uns sehr freut! Für mich sind es Rudolph, Donner, Blitz, Komet und Dancer. Schon bald verschwinden sie wieder hinter einem Hügel und auch wir treten den Heimweg an.

21. August 2023

Noch immer verweilen wir auf dem Polarkreis- Parkplatz. Das Wetter ist garstig und es herrschen kühle Temperaturen von bloss 13 Grad Celsius. Nur für einen kurzen Spaziergang wagen wir uns nach draussen, ansonsten verbringen wir einen ruhigen Tag in unserem Kutschchen.

22. August 2023

Neue Etappe:

Vom Polarkreis- Parkplatz fahren wir weiter auf der E6 bis Rognan; das sind insgesamt circa 70 Km. Wir checken auf dem Fjord Camp in Rognan ein.

Koordinaten Fjord Camp in Rognan:

67.1033, 15.4073

Der neue Streckenabschnitt nach Rognan wäre wahrlich ein Traum, wären da nicht dieser Nieselregen und die grauen, doofen Wolken, welche ganz gemein um die Berge schleichen. Wir fahren dem plätschernden und schlängelnden Fluss Saltelva entlang und Jörg sieht sich vor seinem geistigen Auge bereits mit der Fischerrute am Wasser stehen, müssten sich in diesem Gewässer doch Saiblinge und Forellen tummeln. Aber die Fahrt geht weiter bis nach Rognan, wo wir erstmal unseren leeren Kühlschrank auffüllen. Anschliessend fahren wir auf den Campingplatz. Wieder einmal stehen wir am Wasser, nämlich am Saltdalsfjord. Bevor es aber ans Fischen geht, gibt es noch dies und das zu erledigen. Nachdem wir die Ver- und Entsorgung gemacht haben, setzen wir auch noch die Waschmaschine vom Campingplatz in Betrieb. Nun läuft die Maschine und jetzt zieht es Jörg, wie könnte es auch anders sein, schnurstracks an den Steg. Er will nachsehen, ob der hitzige Fischer in Turnhose und T- Shirt bereits etwas gefangen hat und wenn ja, welche Sorte und mit welchem Köder. Schnell kommen die Beiden ins Gespräch und so erfährt Jörg, dass man an diesem Steg gut auf Heringe fischen könne, falls diese vorbeiziehen würden. Hätte man ein Boot, wäre auch der Platz nahe beim Leuchtturm ideal, um Seelachse zu fangen. Schon viele Jahre käme er auf diesen Campingplatz, weil hier das Fischen richtig Spass mache.

Jörg holt die Rute und läuft wieder zum Steg zurück. Bald steht auch ein anderer Fischer mit seinem kleinen Töchterchen am Steg und die Männer unterhalten sich über das Reisen mit dem Wohnmobil. Gefangen wurde nichts, aber das ist Nebensache.

23. August 2023

Neue Etappe

Wir fahren zurück auf die E6 und folgen dieser für circa 30 km bis nach Fauske, wo wir auf einem Stellplatz parkieren.

Koordinaten Stellplatz 46-50, Sjøgata:

67.2575, 15.3852

Wir haben fast denselben Ausblick wie gestern, nur dass wir heute am Skjerstadfjord bei Fauske stehen. Es ist gerade Ebbe; wie ein Teppich liegt der orangebraune Tang vor uns und einige hungrige Möwen suchen im Geschlinge nach Nahrung. Das Wetter sieht eine Spur freundlicher aus. Bevor wir nachsehen werden, wohin der schöne Weg entlang des Ufers führt, müssen wir erst noch ein paar Dinge im Dorf besorgen, denn der Ablauf in der Küche ist bereits wieder verstopft; Der Pfropfen muss sich an einer Stelle befinden, wo Jörg nicht dazu kommt. Also muss eine flexible Bürste her und mit einem Backpulver- Essig- Gemisch sollte der Pfropfen zu lösen sein. Wenn nicht, werden wir nicht drum herumkommen, giftigere Lösungsmittel einzusetzen, aber ich bin zuversichtlich, dass es auch anders geht.

4 Antworten auf „-Faszination des Breitengrades 66° 33′ 55″“

Mmm! Diese Eierschwämme ein richtiges Eldorado. Bekomme richtig Hunger wenn ich diese Bilder sehe.“En Guete „! Wünsche weiterhin tolle Begegnungen.

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