31. August 2023
Neue Etappe:
Bei Innhavet fahren wir zurück auf die E6 Richtung Norden bis zur Fähre Bognes-Skarberget, welche zur E6 gehört und die wir nehmen müssen. Danach sind es noch ca. 10 km bis zu dem kleinen Parkplatz, zu dem wir hinwollen.
Koordinaten Parkplatz beim Vestfjord (Sekundaer Fylkesveg 741):
68.2987, 16.4985
Wir machen die Entsorgung, kaufen ein und fahren los bis zu einem schönen Parkplatz direkt beim Vestfjord. Eventuell müssen wir unsere lange Kutsche entlang der Strasse parkieren und nicht, wie vorgesehen, auf dem Rasenplätzchen etwas unterhalb der Strasse, denn der Weg führt etwas gar steil nach unten. Ich flehe Jörg an, es trotzdem zu versuchen, aber er befürchtet, mit der Anhängerkupplung am Boden anzustehen. Mir zuliebe tastet er sich trotzdem mit dem Womo langsam vor, ich laufe hinterher und zeige ihm den Abstand vom Boden zur Anhängerkupplung an. Aber jetzt sehe auch ich es; Das Ding streift bereits den Boden und ich deute Jörg, dass er die Übung abbrechen solle. Na ja, das nächste Mal sollte ich wohl besser von Anfang an auf ihn hören. Als erfahrener Berufschauffeur kann er Situationen dieser Art wahrscheinlich etwas besser einschätzen als ich! So parkieren wir eben auf der Kiesfläche entlang der Strasse. Hier wird nachts eh kein Mensch vorbeifahren.
Wir laufen die paar Schritte zu dem flachen Felsvorsprung und die Aussicht macht uns einfach sprachlos. Der Fjord hat hier wegen den Gezeiten und Engstellen eine enorme Strömung und hat eher den Charakter eines Flusses als den eines Fjords. Da lacht Jörgs Fischerherz! Kleine, bewaldete Inseln unterbrechen das Blau des Fjordes und Im Hintergrund erstreckt sich eine schroffe Hügel- und Berglandschaft, untermalt mit Möwengekreische und einer schwachen Brise.
Wir wissen, was zu tun ist: Zügig Fischerrute, Liegestuhl und Lektüre im Womo holen und schnellstens zurück zu diesem entzückenden Platz an der Sonne!
Ein paar Minuten später liege ich bequem auf dem Liegestuhl und schaue Jörg beim Fischen zu. Doch bald widme ich mich meinem Buch, werde aber bereits nach einer halben Stunde aus meinen Gedanken gerissen, denn Jörg steht jetzt vor mir und meint, ich solle doch ebenfalls ein paar Würfe machen. Die Seelachse seien da und ich würde garantiert etwas fangen. Zu gerne hätte ich erfahren, wie die Handlung in meinem spannenden Roman weitergeht, aber sei es drum; der Fjord ruft!
Beim ersten Wurf krümmt sich die Rutenspitze, entpuppt sich jedoch als «Hänger». Auch bei den weiteren Würfen tut sich nichts, so, dass ich Jörg die Rute etwas gelangweilt zurückgebe. Soll er sie doch fangen, die Seelachse, ich will zurück auf meinen Liegestuhl und weiterlesen. Ich muss erfahren, ob Tom seine Frau je wieder sieht.
Also wirft Jörg den Köder genau an die Stelle, wo sich das Wasser kräuselt und sich Wirbel bilden und schon beisst ein Seelachs an! Beim nächsten Wurf genauso! Es bleibt aber bei den Beiden und filetieren ist nun angesagt, was er noch an Ort und Stelle erledigt. Die Filets gibt’s dann zum Abendessen, für welches ich wiederum zuständig sein werde. Er geht auf die Jagd, ich hüte das Feuer, äh den Gasherd. Meistens jedenfalls.
01. September 2023
Der Monat September hält mit kühlem und nebligem Wetter Einzug. Bei vielen Birkenbäumen verfärbt sich bereits das Laub und auch die feinen Blätter des schwedischen Hartriegels setzen knallig rote Akzente in die Landschaft. Mit jedem Tag wird die Natur farbiger.
Wir haben keine Lust, weiterzuziehen und bleiben an diesem schönen Ort, weil Jörg das Fischen an den Fjorden so liebt und wer weiss, wann dies wieder möglich sein wird, denn schon in wenigen Tagen werden wir über Narvik nach Schweden fahren. Also sitzt er am Nachmittag bereits wieder am Wasser und fängt tatsächlich vier Seelachse! Ich meinerseits ziehe es vor, im Womo zu bleiben, zumal es wieder regnet. Gerade holt er ein schärferes Filetiermesser. Eine Weile wird er noch beschäftigt sein mit Ausnehmen und Filetieren. Gut, dass er das direkt am Wasser macht.
02. September 2023
Neue Etappe:
Wir fahren weiter entlang der E6 für 44 km bis zu einem Parkplatz direkt nach der Skjomenbrücke.
Koordinaten Parkplatz nach der Skjomenbrücke:
68.3748, 17.2529
Die Aussicht auf den Skjomenfjord ist bombastisch! Gut, dieser Parkplatz, wo wir heute stehen, strotzt nicht gerade vor Sauberkeit. Es ist schon schade, dass die Leute, welche hier verweilten, ihren Abfall einfach liegen liessen. Dann muss man sich nicht wundern, wenn irgendwann einmal eine Schranke die Zufahrt versperrt.
Wir richten uns also ein, essen etwas Kleines und da sehe ich, dass es im Fjord «köchelt». Ich mache Jörg darauf aufmerksam und schwupp- steht er schon am Wasser mit der Fischerrute. Eben war er noch da und schon ist er weg! Der montierte Köder scheint den Fischen aber nicht zu munden. Jörg ist sich nicht sicher, um welche Fischart es sich handelt, jedenfalls lassen sie seinen kleinen Pilker links liegen.
Es ist warm genug, um draussen im «Garten» zu sitzen und zu lesen. Spazieren kann man leider nicht sehr weit.
Gegen Abend gibt es dann doch noch einen Fisch, nämlich einen Seelachs, welchen ich kurzerhand fürs Abendessen zubereite.
Die Polarlicht- App meldet, dass heute der ideale Zeitpunkt sei, die farbigen Lichter am Himmel zu sehen, also bleiben wir etwas länger wach. Circa um 23.30 Uhr gehen wir nach draussen und sehen den Lichterregen am Himmel! Sie sind zwar um einiges dezenter als diejenige, welche wir vor drei Jahren auf den Lofoten sahen. Auch ist es eher ein Kommen und Gehen der Lichter und nicht ein Tanzen am Nachthimmel. Trotzdem sind sie wunderschön.
Nordlicht am Skjomenfjord
Ich zücke meine Handykamera und mache Unmengen an Fotos. Hätte ich gewusst, dass der Spuck nur von kurzer Dauer ist, hätte ich wohl weniger Fotos geschossen und viel mehr den Moment genossen. Dafür habe ich jetzt ein paar Fotos im «Kasten», worüber ich mich sehr freue!
Auch Jörg gelangen ein paar schöne Aufnahmen. Man muss dazu sagen, dass das Grün der Lichter auf den Fotos etwas intensiver erscheint, als es in Wirklichkeit war. Weil das Nordlicht ein elektrisches Licht ist, nimmt es der Sensor der Kamera korrekt auf, nämlich farbig. Dass sie aber durchaus so intensiv am Nachthimmel erscheinen können, haben wir damals auf den Lofoten erleben dürfen.
Glücklich und erfüllt gehen wir zu Bett und reden noch lange über das zuvor erlebte Spektakel am Nachthimmel.
03. September 2023
Geplant war, nur eine Nacht am Skjomen- Fjord zu bleiben. Da aber die Chance besteht, die Nordlichter auch in der folgenden Nacht noch einmal erleben zu können, bleiben wir kurzentschlossen hier. Die Kulisse für Nordlicht- Fotos bietet sich geradezu an. Ich habe die Hoffnung, diese Nacht das perfekte Foto mit Nordlichtern und der spektakulären Skjomen- Brücke im Vordergrund schiessen zu können. Mal sehen. Jammerschade wäre, wenn uns das Wetter einen Streich spielen würde, meldet uns die Wetterapp doch, dass es nachts zu 40% regnen wird.
Es regnet auch jetzt in Strömen, aber mein Guter ist wetterfest und steht schon wieder mit der Rute am Wasser. Irgendwann wird es ihm dann doch zu bunt, bricht die Übung ab und sucht Zuflucht im Womo.
Der Regen hat sich richtig eingelassen und der Fjord liegt nicht mehr so friedlich vor uns wie gestern. Im Gegenteil; das Wasser ist jetzt kabbelig. Kabbelig? Kennst du dieses Wort? Ich gestehe, ich höre dieses Wort heute zum ersten Mal. Der gelernte Rheinmatrose, welcher mit mir das Womo teilt, klärt mich auf, dass das Wort, welches gegeneinander laufendes Wasser beschreibt, eben kabbelig heisse. Das sei kein Seemannsgarn; das sei so. Man lernt wahrlich nie aus!
So verbringen wir den Tag im Womo, trinken Tee und Kaffee, lesen spannende Reiseberichte auf polarsteps unseres Sohnes und seiner Partnerin über Kanada und Alaska, trinken erneut Tee und Kaffee und lesen immer weiter, weil die Berichte spannend sind wie ein Roman, nur, dass wir die Protagonisten dieser Geschichte kennen. So vergeht die Zeit wie im Fluge, auch wenn draussen Weltuntergangsstimmung herrscht.
Immer weniger glauben wir daran, dass wir heute noch einmal die Nordlichter zu Gesicht bekommen, so dicht ist die Wolkendecke momentan.
Um 23 Uhr geben wir die Hoffnung definitiv auf und gehen schlafen.
04. September 2023
Neue Etappe:
Wir fahren ein kurzes Stück (15 km) auf der E6 bis Narvik, wo wir auf dem Stadtstellplatz parkieren.
Koordinaten Stadtstellplatz Narvik:
68.4354, 17.4237
Vor Narvik (Fagernes) machen wir die Ver- und Entsorgung, tanken kurz darauf Gas, gehen einkaufen und stehen jetzt auf dem Stadtstellplatz. Dieser ist wahrlich keine Augenweide; die Bahn und die Strasse führen daran vorbei und überhaupt wirkt er ein bisschen trostlos. Das schlechte Wetter unterstreicht das Ganze noch zusätzlich. Wir stellen uns aber trotzdem hier hin, weil wir dringend auf Strom angewiesen sind, denn das Display gibt uns an, dass die Batterien geladen werden sollten. Kein Wunder, wir standen ja auch mehrere Tage autark und ohne Sonne, so dass die Solarzellen nicht laden konnten. Zudem haben wir geheizt und doch ab und an fern geschaut und viel Kaffee getrunken (Nespresso- Maschine).
Wir ziehen die Regenjacke an und laufen durch Narvik.
Weil es so kalt ist, flüchten wir in ein Einkaufszentrum und lassen uns von einem Geschäft zum anderen treiben. Wir sind etwas hungrig geworden, darum essen wir auch gleich was, bevor wir uns wieder auf den Heimweg machen. Unterwegs entdecken wir eine Frauenskulptur mit einem hoch erhobenen Kind auf dem Arm. Es ist das Freiheitsdenkmal von Narvik und soll den Überlebens- und Freiheitswillen der Menschen nach dem Chaos des Zweiten Weltkrieges symbolisieren. Erschaffen wurde sie vom Bildhauer Finn Eriksen.
Freiheitsdenkmal von Narvik
Ich schlafe schlecht, diese Nacht. Der Grund dafür sind Windböen und Regentropfen, welche ununterbrochen auf unser Womodach prasseln.
05. September 2023
Narvik will uns so gar nicht gefallen und das Wetter ist immer noch trostlos. So machen wir uns bereit für die Weiterfahrt.
Neue Etappe:
Von Narvik fahren wir ein kurzes Stück auf der E6 und wechseln in Traeldal auf die E10 Richtung Kiruna. Kurz vor der schwedischen Grenze parkieren wir auf dem Parkplatz beim Denkmal von Narvik 1940.
Koordinaten Parkplatz beim Denkmal von Narvik 1940:
68.4433, 18.0650
Auf der Fahrt bis zu unserem nächsten Parkplatz muss Jörg sich konzentrieren, denn der Seitenwind ist ganz schön massiv. Die Temperaturen sind auf 4 Grad Celsius gefallen und wir warten nur noch darauf, bis wir die ersten Schneeflocken sehen. Jetzt stehen wir beim Denkmal von Narvik 1940, nahe der schwedischen Grenze. Der Wind schüttelt uns heftig durch. So gerne wären wir in dieser kargen Gegend etwas spazieren gegangen, aber es ist uns definitiv zu kalt und zu windig. Es ist so, wie es ist; abwarten und Tee trinken ist angesagt; vielleicht lässt der Wind ja später etwas nach.
Das Spazierengehen fällt wortwörtlich ins Wasser; es stürmt immer heftiger. Wir wechseln gar den Platz, wo wir nun etwas windgeschützter stehen. Eine ruhige Nacht wird’s aber kaum geben.
06. September 2023
Neue Etappe:
Von unserem Parkplatz kurz vor der Grenze zu Schweden fahren wir weiter auf der E10 für circa 60 Km bis zu einem Parkplatz nach Abisko.
Koordinaten Parkplatz an der E10 nach Abisko:
68.3032, 19.2308
Nachdem uns der Wind und der Regen erneut den Schlaf geraubt haben, reicht es uns. Erst recht, als wir die Rollos runterziehen und den grauen Himmel betrachten. Schon seit Wochen bleibt uns das Hudelwetter dicht auf den Versen und will sich absolut gar nicht von uns verabschieden. Genug ist genug! Ein neuer Plan muss her! Auf der Wetterapp sehen wir, dass uns die Schlechtwetter- Front in Nord- Schweden auch die nächsten zehn Tage erhalten bleiben würde, deshalb beschliessen wir, den Norden Schwedens etwas früher als geplant zu verlassen und Richtung Süden zu fahren, und zwar über Finnland, das Baltikum und Polen. Voller Vorfreude brüten wir über den Karten und beginnen mit der Planung. Etwas später fahren wir los. Die Berggipfel in unmittelbarer Nähe sind leicht überzuckert- es hat letzte Nacht tatsächlich geschneit!
Abisko lassen wir links liegen, da wir diesen Ort von einer früheren Reise kennen, bleiben aber unweit davon auf einem schönen Parkplatz stehen. Das Wetter ist unterdessen etwas besser geworden. Es regnet zumindest nicht mehr, aber es bläst uns ein kalter Wind um die Ohren, während wir die Gegend auskundschaften. Ein Weg führt uns zum Torneträsk- See, Schwedens sechstgrösstem See. Dieser ist gewöhnlich von Dezember bis Mitte Juni mit Eis bedeckt, weshalb das Eisfischen hier sehr beliebt ist. Saiblinge, Zander und Hecht soll man auf diese Art und Weise fangen können. Die vielen Häuschen am Strand, welche mit Kufen versehen sind, werden wohl zum Eisfischen aufs Wasser hinausgezogen, so zumindest vermuten wir das.
Hütten fürs Eisfischen
Bis es wieder so weit ist, wird es aber noch eine Weile dauern. Ich geniesse stattdessen das hier und jetzt und freue mich über die vielen Mohnblumen, die hier wachsen. Jörg würde natürlich lieber Eisfischen und meint ironisch, allzu lange werde es wohl nicht mehr dauern, bis der See zugefroren sei, so kalt wie es hier ist.
2 Antworten auf „-Schlaflos in Seattle, ääh Narvik“
Wir sind gespannt auf die kommenden Länder und wünschen euch weiterhin ganz viel Spass ❤️
Sali zäme
Danke euch; ja wir sind auch gespannt, was wir die nächsten Monate erleben werden. Wir wünschen auch euch alles Gute auf eurer Reise und freuen uns schon darauf, eure Berichte zu lesen!
Häbits guet!❤️😘🌞