03. Dezember 2023
Stahlblauer Himmel bei klirrender Kälte; in etwa so lässt sich der heutige Tag wettertechnisch beschreiben. Jörgs Idee, zum Grüttsee (Lörrach) zu laufen, klingt verlockend, bedeutet aber, dass wir uns wieder ganz warm anziehen müssen, wollen wir nicht unsere Ohren und Nasen abfrieren. Schon stehen wir draussen vor dem Womo, wo wir uns für einen Moment mit unserem Nachbarn unterhalten. Wir erfahren von ihm, dass er und seine Frau einen Marktstand am Lörracher Weihnachtsmarkt betreiben; Räuchersachen würden sie dort verkaufen. Wer weiss, vielleicht geht’s nach dem Spaziergang zum See nochmals zum Weihnachtsmarkt; dann werden wir uns diesen Stand genauer anschauen. Vielleicht finden wir dort etwas Schönes.
Der Grüttsee ist klein aber wirklich sehr fein! Zahlreiche hölzerne Stege laden zum Verweilen ein, sogar an einem kalten Tag wie heute. Da und dort versuchen Kinder in Begleitung ihrer Eltern vom Steg aus mit Stöcken Löcher ins Eis zu schlagen, was ihnen jedoch nicht gelingt, ist doch die Eisschicht bereits zu dick.
Beim Grüttsee
Ich finde es immer wieder interessant, welche Faszination gefrorenes Wasser auf uns Menschen ausübt. Nicht nur auf Kinder, denn sind wir mal ehrlich: Juckt es dich auf einem Spaziergang nicht auch ab und an, in gefrorene Pfützen zu treten? Also mich schon. Vor mir ist keine zugefrorene Pfütze sicher! Ich mag das dumpf klirrende Geräusch, wenn Eis in Stücke bricht! Na ja, es gibt auch Menschen, die können das so gar nicht nachvollziehen; Jörg zum Beispiel. Alle Versuche, mich von dieser Sache abzuhalten, sind bisweilen gescheitert. In solchen Momenten murmelt er etwas vor sich hin, schüttelt den Kopf und schaut sich verstohlen um, um nachzusehen, ob wir eventuell beobachtet werden. Aber lassen wir das!
Im Grüttsee tummeln sich grosse Karpfen, Schleien und auch Hechte. Die Hechte sorgen für ein natürliches Gleichgewicht, damit keine Fischart das Übergewicht erlangt. Der kleine See ist schnell umrundet. Jetzt laufen wir zurück Richtung Stadt. Der Tag ist zu schön, um sich jetzt schon ins Womo zu verkriechen. So laufen wir zum Weihnachtsmarkt und lassen uns dort, wie schon ein paar Tage zuvor, eine heisse Seele schmecken. Wir laufen durch den ganzen Markt und finden diesen bei Sonnenschein viel schöner als das letzte Mal.
Danach geht’s zurück zum Womo.
04. Dezember 2023
Schwere Windwarnung meldet unsere Wetterapp. Auf dem Weg zu einem Waschsalon zieht uns dann tatsächlich ein eisig kalter Wind um die Ohren. So hoffen wir, dass wir wenigstens einen angenehm warmen Waschsalon vorfinden werden, doch weit gefehlt; obwohl einige Waschmaschinen und Wäschetrockner im Betrieb sind, ist es unangenehm kühl, unfreundlich und auch ziemlich schmutzig hier. Zwei Gastarbeiter versuchen mit uns ins Gespräch zu kommen. Wir sind jedoch nicht interessiert, mit ihnen Smalltalk zu machen, stellt sich doch schnell heraus, wie feindselig sie gegenüber den Deutschen sind und ihre menschenverachtenden Äusserungen gefallen uns absolut gar nicht.
Uns wirds dann doch zu kalt, so dass wir während dem Trocknungsvorgang ein Café aufsuchen, wo wir uns etwas aufwärmen können.
Wieder zurück im Waschsalon, wird rasch die Wäsche zusammengelegt, danach geht’s, so schnell wie noch nie, zurück zu unserem Womo. Im Womo wird’s diesmal aber auch nicht wohlig warm, denn unser Gas neigt sich langsam dem Ende zu, so dass wir jetzt elektrisch heizen, was leider nicht ganz so effizient und ausserdem sehr teuer ist. Da wir aber erst morgen aufbrechen wollen, nehmen wir dies wohl oder übel in Kauf, lullen uns in Decken ein und wärmen unsere klammen Hände an einer Tasse mit heissem Tee auf.
05. Dezember 2023
Neue Etappe:
Von Lörrach fahren wir via Langenthal zurück nach Willisau.
Koordinaten Stellplatz Bisangmatt, Willisau:
47.1191, 7.9982
Jörg muss heute Abend in Malters einen Termin wahrnehmen, darum geht’s zurück nach Willisau. Wir fahren auch diesmal über Langenthal, damit wir beim Wohnmobilhändler Lexa Gas beziehen können.
Unseren Stellplatz in Willisau finden wir tief verschneit vor, so dass wir die Entsorgungsstelle erst etwas freischaufeln müssen, damit wir entsorgen können. Es ist schön, wieder am vertrauten Ort zu sein und wir schätzen es, dass der Strombezug in den Fr. 15.- pro Nacht inklusive ist.
06. Dezember 2023
Was poltert auf der Treppe, was poltert durch das Haus? Ich wette, es ist der Nikolaus! Äh nein, es ist Jörg; dieser inspiziert nämlich die Abläufe, welche wieder einmal verstopft sind. Mit etwas Chemie aus der Garage bringt er sie aber schnell und unkompliziert wieder in Schuss.
Am Nachmittag ist es dann so weit; nach 15 Monaten sehen wir unseren Sohn Adrian und seine Partnerin Nely wieder! 1 ¼ Jahr waren die Globetrotter unterwegs; haben viel erlebt und gesehen und jetzt sind sie wieder zurück in der Heimat. Die Wiedersehensfreude ist gross und ich bin glücklich, sie wieder in die Arme schliessen zu dürfen und bin so froh, dass es Beiden gut geht. So sitzen wir gemütlich beisammen und natürlich gibt es viel zu erzählen. Wir haben diesen Nachmittag sehr genossen!
Abends laufen Jörg und ich durch das Städtli Willisau, in der Hoffnung, vielleicht noch dem Samichlaus zu begegnen. Dieser lässt sich jedoch nicht blicken. Dafür gibts ein «Guggenkonzert» gleich gegenüber unseres Stellplatzes und wir wundern uns etwas darüber, hätten wir doch am Sankt Nikolaustag viel eher mit den «Trychlern» gerechnet.
07. Dezember. 2023
Ich lese gerade, dass der 7. Dezember in den USA als nationaler Tag der Zuckerwatte gefeiert wird. Dies erinnert mich daran, dass man zu dieser Jahreszeit manchmal «Zuckerwatte» aus Eis an Bäumen oder Waldboden sehen kann. Man nennt dieses Phänomen Haareis oder auch Engels- oder Elfenhaar. Erst einmal habe ich diese seltsame Eisformation sehen können. Für dieses kleine Wunder ist ein Pilz verantwortlich. Aber ich müsste jetzt nachlesen, um welchen es sich handelt und wie das genau zustande kommt. Wer weiss, vielleicht ist mir das Glück heute hold und ich kann wieder einmal Engelshaar sehen, denn heute Nachmittag treffe ich mich mit einer lieben Kollegin in Malters für einen Schneespaziergang, und da die Luft kalt und gleichzeitig feucht ist, könnte es tatsächlich sein, das besagte Eis auf Totholz entdecken zu können.
Um halb Zwei treffe ich in Malters beim Bahnhof ein und auch meine Kollegin wartet schon auf dem Peron. Wir laufen entlang der Emme und einmal mehr stelle ich fest, dass die Natur auch in der kalten Jahreszeit so viel Schönes zu bieten hat. Nur: Haareis habe ich jetzt nirgends entdeckt, was auch kein Wunder ist, hatten Annemarie und ich uns so viel zu erzählen, dass ich ganz vergass, vermoderte Äste nach dieser Besonderheit abzusuchen. Nach einem feinen Dessert in Annemaries schönem Heim geht’s für mich wieder zurück nach Willisau.
08. Dezember 2023
Gut, dass wir schon seit ein paar Tagen hier in Willisau stehen. Standen wir anfänglich bloss zu zweit hier, ist mittlerweile der Platz ratzeputz voll. Eines der Wohnmobile steht sogar mitten auf dem Platz, was ja eigentlich nicht so gedacht ist und auch auf dem PW- Parkplatz gegenüber befinden sich einige Wohnmobile. Wir vermuten, dass der Weihnachtsmarkt, welcher heute beginnt, so viele Wohnmobile aus ihren Garagen gelockt hat. Viele dieser Wohnmobilisten scheinen sich zu kennen und wer weiss, vielleicht treffen sie sich alle Jahre wieder um diese Zeit in Willisau.
Gestern Abend fiel dann auch plötzlich der Strom aus, jedenfalls für die Reihe, in der wir uns befinden. Vermutlich war das Stromnetz überlastet bei dieser Menge an Wohnmobilen. Noch am späten Abend funktionierte zum Glück wieder alles.
Es regnet. Die «Concordes», welche mitten auf dem Platz parkiert haben, sind sehr beschäftigt. Eifrig dekorieren sie ihr Wohnmobil. Schon leuchtet an der Decke über dem Armaturenbrett eine Lichterkette und eine halbe Stunde später erstrahlt gar eine Winterlandschaft aus Tannenbäumen und Sternen, Wichteln und Nikolaus auf der Armaturenfläche. Es scheinen richtige Weihnachtsfans zu sein. Ihr Tatendrang ist ansteckend; fast schon bereue ich es, mein Dekomaterial nicht mit dabei zu haben.
Nach und nach laufen alle Wohnmobilisten Richtung Städtli zum Weihnachtsmarkt und es kehrt allmählich wieder etwas Ruhe auf dem Stellplatz ein. Irgendwann ziehen auch wir uns warm an und bald stehen wir mitten im Städtli, umgeben von vielen Marktständen und mit Bratwurst und Brot in der Händen.
Wir lassen uns treiben, lassen uns dies und jenes zeigen und das Schöne ist, dass sich die Menschenmenge noch in Grenzen hält. So kann man die vielen selbstgemachten Sachen in aller Ruhe betrachten, ohne dass du Ellenbogen im Rücken spürst.
Wir laufen wieder heim und nach dem Betrachten so vieler schönen Dinge verspüre auch ich definitiv Lust dazu, irgendetwas herzustellen, werkeln, kleben, falten oder was auch immer. Das Problem ist nur, dass ich im Womo bloss über ganz wenig Bastelmaterial verfüge, genaugenommen über gar keins. Aber etwas aus Papier falten geht immer. Sterne zum Beispiel. So mache ich es mir im Womo gemütlich, höre Podcasts und falte Sterne aus Buchseiten. Wenn’s draussen noch schneien würde wäre es perfekt. Aber es macht auch so Spass. Nun befestige ich an jedem Stern einen Faden, damit ich sie vor einem der Fenster aufhängen kann. Im Luftzug der Heizung schaukeln sie leicht hin und her und drehen sich im Kreise.
09. Dezember 2023
Pünktlich zur Turmbesichtigung der Pfarrkirche St. Peter und Paul versammeln wir uns zusammen mit circa zehn weiteren Interessierten vor der Kirche.
Mit dem Glockenschlag um 13 Uhr beginnt der Rundgang. Die Höhe des grösseren Turmes beträgt etwa 45 m; wir werden bei dieser Führung auf eine Höhe von ungefähr 37 m steigen. Die Kirche hat bereits 800 Jahre auf dem Buckel, allerdings nicht immer in dieser Grösse, wie sie heute vor uns steht. Der kleinere Turm wurde aus Rohrmatter Tuffstein gebaut. Dieser Stein galt als unzerstörbar. Doch im Jahr 1847 wurde der romanische, kleinere Turm von einem Blitz getroffen und wurde beschädigt. Die Frau und der Sohn des Sakristans, welche zu diesem Zeitpunkt die Wetterglocke betätigten, verloren dabei ihr Leben. Die Turm- Kuppel wurde durch das Feuer zerstört. Nach der Wiederinstandsetzung mass der Turm 20 m mehr als vorher.
Die Dame, welche uns durch die Geschichte dieser Kirche führt, erzählt weiter, dass man glaubte, dass die Schwingungen der Wetterglocke Unwetter vertreiben würden und dass wohl schon manch Willisauer in Gedanken das Unwetter weiter Richtung Entlebuch geschickt hätte.
Wir laufen im romanischen Turm viele Treppenstufen hoch. Dann erzählt uns die Dame etwas über die imposante Orgel. Es sei die zweitgrösste im Kanton Luzern. Die grösste befinde sich in der Hofkirche Luzern. Auf ihre Frage, mit wie vielen Orgelpfeifen diese Orgel wohl ausgestattet sei, liegen wir alle mit unseren Schätzungen weit daneben. Es fallen Zahlen wie 250, 400, 600, doch die Dame winkt immer wieder ab. Ganze 3556 Orgelpfeifen besässe diese Orgel und wir fragen uns, wo diese denn alle versteckt sind. Sie erzählt weiter, dass diese sich in 48 Registern befänden. Die kleinste Pfeife sei 2.5 cm, die grösste hätte eine stattliche Grösse von 3.5 m.
Und weiter geht’s Stufe für Stufe aufwärts, wo wir dann auch das Glockenspiel bewundern können. Und schon sind wir beim Estrich angekommen. Hier erfahren wir, dass infolge der stetigen Bevölkerungszunahme vor 200 Jahren eine grössere Kirche gebaut werden musste. Nun passte jedoch der Turm nicht mehr zu dieser grossen Kirche. Also beauftragte man Gaudi, einen weiteren Turm zu bauen. Wohlgemerkt- bei diesem Architekten handelt es sich nicht um den «Barcellona- Gaudì».
Vielen Willisauern will dieser schwarze Turm so gar nicht gefallen. Manche nennen ihn etwas abschätzig «die Warze» oder «der Elefant».
Oben auf der Terrasse angekommen, geniessen wir eine Rundum- Aussicht auf Willisau. Die nette Dame erzählt uns noch viele weitere Details, doch alles will ich hier nicht verraten. Lass dich selbst überraschen, wenn wieder einmal eine Turmführung stattfindet.
Jetzt geht’s wieder runter. Das war eine wunderbare Turmbesichtigung mit vielen spannenden Geschichten und Informationen. Ganz herzlichen Dank dafür!
2 Antworten auf „-Hoch über Willisau“
Das sind wunderschöne Sterne! Mein Kompliment
Danke dir! Ja manchmal verspüre ich einfach Lust dazu, irgendetwas mit den Händen herzustellen. Macht einfach Spaß und ist wie Yoga…